Athamania (ἡ Ἀθαμανία, bei Apollod. I 9, 2 ἡ Ἀθαμαντία), Gau im Südosten von Epeiros, am Pindosgebirge (Strab. IX 440. 442), an Thessalien, Aitolien und Amphilochien grenzend (Strab. IX 435. X 450. Scymn. 614. Liv. XXXII 14, 1. Ptol. III 14, 9). Ungenau wird es bei Plinius n. h. IV 6 zu Aitolien, bei Steph. Byz. zu Illyrien bezw. Thessalien (doch s. u.) gerechnet. Es ist ein rauhes, unwegsames Gebirgsland (Liv. XLII 55, 1, vgl. XXXVIII 2. Strab. VII 326. IX 440) und noch gegenwärtig ist der jetzt meist nach dem Gebirge Τσουμέρκα benannte, seit 1881 an Griechenland abgetretene District einer der wenigst bekannten Teile der Balkanhalbinsel. Hauptfluss ist der Oberlauf des Aspropotamos, welcher im Altertum den Namen Inachos (s. d.) führte und als Nebenfluss des Acheloos galt. Von einer kalten Quelle, über welcher eine entzündliche Luftschicht lagerte, berichten Ovid. met. XV 311. Antig. hist. mir. 163. Vib. Sequ. 24. Sotion flum. 11 West.; doch liegt hier vielleicht eine Verwechselung mit dem Erdfeuer bei Nymphaion in Atintania vor, s. Neumann-Partsch Phys. Geogr. 270, und vgl. Aoos Nr. 1, Apollonia Nr. 1. Die Bewohner, deren Name (Ἀθαμᾶνες, CIA II 963) in der Endung an andere nordgriechische Völkernamen erinnert (Oberhummer Akarnanien 42f.), galten als ein epeirotischer und halbbarbarischer Volksstamm (Strab. VII 321. 326. X 449), dessen niedrige Kultur eine Nachricht bei Herakleides πολ. 23 beleuchtet, wonach die Weiber den Ackerbau besorgten, während die Männer als Hirten in den Bergen umherzogen. In der Geschichte erscheinen die Athamanen zuerst als Teilnehmer am korinthischen Bund (395, Diod. XIV 82, 7), sowie am zweiten attischen Seebund (Nep. Tim. 2, 1), in letzterem Fall wohl unter der Oberherrschaft des Molosserkönigs, s. Schäfer Demosth. I² 46. Im heiligen Kriege standen sie unter den Gegnern der Phoker (354, Diod. XVI 29, 1), im lamischen Kriege unter den Feinden Makedoniens (323, Diod. XVIII 11, 1). Später scheint das Land Makedonien unterworfen und (nach 295) an Pyrrhos abgetreten worden zu sein, dem die Athamanen auf seinem Zuge nach Italien (280) Heeresfolge leisten mussten (Dion. Hal. ant. XX 1, 3. Oberhummer Akarnanien 142ff.). Gegen Ende des 3. Jhdts. wurde Amynandros Fürst der Athamanen, welcher den Königstitel annahm und seinem Volke vorübergehend eine gewisse politische Bedeutung in den Kämpfen zwischen Rom, den Aitolern, Philipp V. von Makedonien und Antiochos III. von Syrien verschaffte, wobei freilich das Land unter den kriegerischen Ereignissen auch schwer zu leiden hatte (s. Amynandros, Nr. 2, ferner Hertzberg Gesch. Griech. u. d. Herrsch. d. Röm. I und Mommsen R. G. I passim). Das Abhängigkeitsverhältnis, in welches in der Folge die Athamanen zu Philipp V. geraten waren, gab ihnen, wie anderen nordgriechischen [1929] Völkern, zu Beschwerden in Rom Anlass (Polyb. XXIII 1, 10 Hu.). Später wird A. fast nur mehr gelegentlich des Durchmarsches römischer Heere erwähnt, so unter P. Licinius Crassus (171, Liv. XLII 55, 2) und Caesar (48, Plut. Pomp. 66), sowie anlässlich der Angriffe Ciceros auf die Verwaltung des L. Calpurnius Piso (57/6, Cic. Pis. 96). Zur Zeit Strabons bestanden die Athamanen, deren Beziehungen zum dodonaeischen Orakel noch Ovid. met. XV 311f. erwähnt, nicht mehr als besonderes Volk (Strab. IX 429); ihr Gebiet wurde damals zu Thessalien gerechnet (ebd. 434, vgl. Steph. Byz. Hertzberg a. a. O. I 487). Von da ab verschwinden die Athamanen, abgesehen von den auf ältere Quellen zurückgehenden Erwähnungen bei Ptolemaios und Steph. Byz., ganz aus der Geschichte. Eine Inschrift, in welcher ein κοινὸν τῶν Ἀ. auftritt, scheint aus der Zeit nach Amynandros zu stammen (Arch. Zeit. 1855, 34 nr. 75. Kuhn Entsteh. d. Städte 123. 139). Münzen der Athamanen aus der Zeit des Amynandros s. Rev. num. N. S. IV 104ff. Num. Chron. 1878, 101. Head HN 271. Im allgemeinen vgl. Bursian Geogr. I 39f.
[Oberhummer.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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