Astragalomanteia (ἀστραγαλομαντεία), Weissagung aus den mit Zahlen oder Zeichen versehenen Knöcheln, in verschiedenen Formen, oft im Anschluss an Kultstätten (Schol. Pind. Pyth. IV 337. Paus. VII 25, 10. Suet. Domitian. 15). Eine dieser Arten ist genauer bekannt geworden durch mehrere späte Inschriften aus Kleinasien (Herm. X 493. XXIII 532. Kaibel Epigrammata Graeca nr. 1038. Bull. hell. VIII 496. Papers of the American school at Athens II nr. 56–58. III nr. 339–342, Pamphylien, Pisidien, Phrygien). Sie knüpfte sich an kein Heiligtum, sondern stand jedem frei. Man verwendete fünf Knöchel mit den Zahlen 1, 2, 4, 6 (ebenso wie beim Knöchelspiel, Marquardt Privatleben II 851, 5), von deren 56 Combinationen jede einem Gott geweiht war, nach dem sich Glück oder Unglück der Antwort richtet. Verwandter Art sind die ebenfalls in Kleinasien auf Inschriften gefundenen Buchstabenorakel (Kaibel Epigr. 1039. 1040. Papers etc. III 437, Lykien, Pisidien). Hier sind die Sprüche so geordnet, dass jeder der Reihe nach mit einem Buchstaben des Alphabets beginnt, von denen man dann wohl einen erwürfelte, ähnlich wie bei dem von Pausanias a. O. erwähnten Orakel. Wieder eine andere Spielart findet sich Pap. Mus. Brit. CXXI Anfang; vgl. Wessely Neue griechische Zauberpapyri 2f. Hier werden Homerverse erwürfelt. Ähnlich sind auch die Sortes Sangallenses (ed. Winnefeld, Bonn 1887) und die Orakel des Astrampsychos (s. d.). Artemidoros II 69 (S. 161, 21 Hercher) rechnet die ἀστραγαλομάντεις zu den landläufigen betrügerischen Wahrsagern und diesen niedern Charakter der A. bestätigt ihr Vorkommen in den Zauberbüchern.
[Riess.]
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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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⟨ Astes
Astyanax 5 ⟩
Band S IV (1924) S. 51 (EL)–56 (EL)
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S. 1793, 8 zum Art. Astragalomanteia:
Diese Art der Zukunftserfragung ist besonders durch folgende 7 mehr oder weniger vollständig erhaltene Inschriften, sämtlich aus Kleinasien (Lykien, Pamphylien, Pisidien, Phrygien) stammend und dem 2. Jhdt. n. Chr. angehörend, bezeugt:
1. Die Orakelinschrift von Adalia in Pamphylien (ed. G. Hirschfeld M.-Ber. Akad. Berl. 1875, 716. Kaibel Herm. X 193ff. und Epigr. gr. nr. 1038 S. 454. Woodward Journ. hell. stud. XXX 260); –
2. von Ormele (Tefeny) in Phrygien (ed. G. Cousin Bull. hell. 1884, 496ff. Sterrett An epigraph. Journey in Asia Minor nr. 56–58); –
3. von Anabura (Enevre-Ördekdji) in Pisidien (Sterrett Papers of the Americ. School at Athens, Boston 1888, III 206 nr. 339–342. Kaibel Herm. XXIII 532ff.); –
4. von Yarishli in Phrygien (ed. Arundell Discov. in Asia min. II 116. Journ. hell. stud. VIII 261f.); –
5. von Kosagatsch in Lykien (Petersen und von Luschan Reisen im südwestl. Kleinasien II nr. 224 a–c S. 174ff.); –
6. von Sagalassos in Pisidien (Petersen in Lanckoroński Die Städte Pamphyl. u. Pisid., Wien 1892, I nr. 4n, II 180 und S. 139); –
7. von Termessos in Pisidien (Abklatsche im k. k. österr. archaeol. Instit. in Wien). –
Heinevetter erkannte, daß diese 7 Inschriften mehr oder weniger abweichende Abschriften eines und desselben Originales sind, und versuchte in seiner unten genannten Dissertation eine Rekonstruktion der ursprünglichen Fassung, der die folgenden Proben entnommen sind; die Orakelsprüche (Antworten) wurden durch folgende zwei Zeilen eingeleitet: οἵδε χρη]σ[μ]οὶ Ἀπόλ[λ]ωνος Πυ[θ]ίου ἐν[ὶ] πέντ[ε] ∥ ἀσ[τρα]γάλοις, το[ῦ χ]ρ[ὴ ἀεὶ φω]ν[ῆς ἐπακοῦσαι].∥ Dann folgen die χρησμοί in je vier Hexametern, denen jedesmal eine Zeile vorangeht, in der links die Einzelwerte der fünf [52] gefallenen Knöchel, in der Mitte die Summe des Wurfes und rechts der Name einer Gottheit verzeichnet ist, z. B.: Α]Α[ΑΑΑ] Ε Διὸς Ὀ[λυ]μ[π]ίου. ∥ ⟨πάντες ὁμοῦ χεῖοι, Φοίβου φωνῆς ἐπάκουσον.⟩ ∥ [Ζεὺς σωτὴρ] ἀγαθὴν βουλὴν σαῖσι [φ]ρεσὶ [δ]ώ[σ]ε⟨ι⟩, ∥ δώσε⟨ι⟩ δ’ εὐφροσύνην [καὶ δώσει π]άνθ’ [ὅσ’ ἂν] εὔχ[ῃ], ∥ ἀλ[λ]’ Ἀφροδείτην εἱ[λάσ]κου καὶ [Μαιάδος] υἱόν. ∥ – Α[ΑΑΑ]Γ Ζ Ἀ[θ]ηνᾶς Ἀρείας. ∥ ([τέσσαρες εἰ μοῦνοι καὶ εἷς τρ]εῖ⟨ο⟩ς, τάδε φράζει)· ∥ ἔ[χ]θραν καὶ κακότητα φυγὼν ἥξεις πο[τ]’ ἐς ἆθλα. ∥ ἥξεις κ⟨αὶ⟩ [σ]ώσει σ[ε] θεὰ γλαυκῶπις Ἀθήνη, ∥ βουλὴ δ’ ἔσται σοι καταθύμι(ος, ἣν ἐπι)βάλλῃ. ∥ usw. Da 5 Knöchel zum Wurf verwendet wurden, ergeben sich 56 solcher Antworten, die zu zahlreichen Gottheiten in Beziehung gesetzt sind, ‚welche vielleicht auch als Vollstrecker der Verheißung aufzufassen sind‘ (Petersen und v. Luschan a. a. O. II 175). Bemerkenswert sind die vielen Personifikationen Βλάβη (53), Ἐλπὶς ἀγαθή (33), Εὐφροσύνη (48), Ἀγαθὸς Χρόνος (32). In nr. 2, 18, 35, 47 und 54 wird die Gottheit, die in der ersten Zeile rechts genannt ist, auch in der Antwort als jenes Wesen erwähnt, das Schutz, Hilfe, Erfüllung gewähren wird, wobei in nr. 2 die Ἀθηνᾶ Ἀρεία der γλαυκῶπις Αθήνη, in nr. 18 der Ζεὺς Ἄμμων dem Ζ. ὑψιβρεμμέτης und in nr. 47 die Ἀθηνᾶ der Παλλὰς Ἀθηναίη gleichgesetzt ist; dagegen ist nr. 1 zwar zum Ζεὺς Ὀλύμπιος in Beziehung gesetzt, in der Antwort aber wird die Erfüllung von der Verehrung der Aphrodite und des Hermes abhängig gemacht; ähnlich wird in nr. 5 zwar Gebet an den Δαίμων Μέγιστος, den vermutlichen Patron dieses Orakels, vorgeschrieben, die Erfüllung aber nur mit Hilfe der Demeter und des Zeus als σωτῆρες in Aussicht gestellt, ebenso in nr. 16 (Ἀγαθὸς Δαίμων), wo die φιλομμειδὴς Ἀφροδίτη als Geleiterin verheißen wird; in nr. 29 (Adrasteia) wird wieder der Καιρὸς und in nr. 52 (Μήτηρ Θεῶν) Hermes, der Sohn des Zeus, als Beistand gepriesen. Die Antworten sind größtenteils allgemein gehalten; doch verheißen sie speziell Heilung von Krankheiten (nr. 20, 34, 39, 43, 47, 54), Befreiung von Feindschaft und Verfolgung (2), von Kummer aller Art (33, 41, 54), Lösung aus Ketten und Banden (47), Rückkehr in die Heimat, sei es aus der Verbannung, sei es von der Reise (43, 48), die Gunst Aphrodites (16), und raten zur Reise (3) und zur Austragung von Rechtshändeln (51); umgekehrt aber wird auch wieder vor Reisen, Kauf und Verkauf (30, 44, 50, 53, 55, 56) und vor der Austragung von Rechtshändeln (13) gewarnt. In jedem Falle aber läßt die Antwort niemals einen Zweifel über Tun oder Nichttun offen, wie Heinevetter im Gegensatz zur Orakelpraxis mit Recht hervorhob. Um die Vergeblichkeit oder Gefährlichkeit geplanten Tuns zu kennzeichnen, werden 5mal Sprichwörter (herangezogen, so in nr. 14; λακτίζεις πρὸς κέντρα, πρὸς ἀντία κύματα μοχθεῖς, ∥ ἰχθὺν ἐν πελάγει ζητεῖς; nr. 21 und 32: λέων τις τυφλὴν ἐκύησε λοχείην; nr. 44: εἰς στόμα μὴ δῷς χείρα λύκῳ; nr. 45: εἰς πέλαγος ⟨μὴ⟩ σπέρμα βαλεῖν καὶ γράμματα γράψαι. – Reste eines 8. Orakels fanden sich zu Kolossai in Phrygien, das auf dieselbe Quelle, wie die oben erwähnten 7 Orakel zurückgeht (CIG nr. 3956 c. Kaibel [53] Epigr. gr. nr. 1041), und ein ebenso angelegtes 9. Orakel in Bulgarien (ed. Kalinka Antike Denkm. in Bulgarien, Wien 1906, 146f., jetzt im Museum zu Sophia), dessen Antworten aber nicht in Hexametern, sondern in iambischen Trimetern abgefaßt sind; erhalten sind bloß Reste der weihenden Überschrift und die Antworten ιζ–γγγ[δδ] und ιζ–δδδ[δα]. – Ein 10. Orakel lieferte Termessos (ed. Petersen bei Lanckoroński a. a. O. II 62 und 122), zu dessen Benützung aber 7 Astragalen notwendig waren, wie die 1. Antwort ausdrücklich besagt: Ζ ΑΑΑΑΑΑΑ ∥ χείων ἀστραγάλω[ν] ὁμοθυμαδὸν ἑ[πτ]ὰ πεσόντων ∥ ε[ὖ] πρά[ξεις· ἔσ]ται καὶ εὔοδα καὶ πολυκερδῆ. ∥ κοιωνεῖν δὴ ἄ[μειν]ον ἀπεργασίας ἐπιχιρῖν, ∥ κρυπτο[μ]ένων [δ’ ἀ]νύειν ἔχε Μουσῶν [ἡδυεπ]ειῶν. Alle diese Orakel wurden befragt, indem man mit 5 bezw. 7 Astragalen einen Wurf tat und nach der Zahl der geworfenen Augen sich in der Orakelliste seinen Spruch aufsuchte und ablas. Die Orakel von Termessos (nr. 10) und Sagalassos (6) waren sicher mit einem Heiligtum verbunden, das von Kosagatsch (5) wahrscheinlich, während dies für die Orakel von Ormele (Tefeny, nr. 2), Yarishli (4) und Adalia (1) ungewiß ist; dagegen war das von Anabura (Enevre, nr. 3) zum allgemeinen Gebrauch der Wanderer und Reisenden an der öffentlichen Straße aufgestellt, da sich hier außer den Antworten auch noch 2 Ehrenstelen gefunden haben (Herm. XXIII 538. Sterrett The Wolfe Expedit. to Asia min. 207), von denen die vollständiger erhaltene lautet: Ἄναβουρέων ὁ δῆμος Ἄτταλον Βιάνορος φιλόπατριν, εὐβοσιάρχην, κτίστην, εὐεργέτην, πάσης ἀρετῆς καὶ εὐνοίας τῆς εἰς τὸν δῆμον ἕνεκεν. Schon Kaibel hat (Herm. XXIII 541) hieraus geschlossen, daß diesem Attalos und den übrigen, „deren Ehrungen auf demselben Monument verzeichnet waren“, durch diese Inschriften der Dank der Stadtgemeinde ausgesprochen werden sollte, „weil sie die Schätze der Würfelweisheit dem Wanderer zugänglich gemacht, also daß ein jeder ohne kostspielige Tempelhilfe einen Wurf in die Zukunft tun konnte“. Übrigens enthalten aber auch die Antworten von Termessos (XXXIV 4. XXXVI 3. XLII 4. XLVI 3), von Adalia (XLVI 3) und Yarishli (XLII 4) die Anrede ξένε und die Orakel von Ormele und Kosagatsch (IV 2) das Objekt ὁδείτῃ. Vermutlich mußte man bei den am Wege angebrachten Orakeln die Knöchel selbst mitbringen, doch ist es keineswegs ausgeschlossen, daß die Stifter wie der oben erwähnte Attalos auch sie beistellten, so daß sie wie in den mit Tempeln verbundenen Orakeln für die Befragenden bereit lagen. Für die Heiligtümer ist das durch den Schol. zu Pind. Pyth. IV 337 bezeugt: εἰώθασι διὰ κλήρων μαντεύεσθαι· οἷον ἐὰν βάλλοντός μου τόδε ἀναβῇ, ἀποτελεσθήσεται τόδε, ἐὰν δὲ μή, οὐκ ἀποτελεσθήσεται. καὶ ἐν τοῖς ἱεροῖς ἀστράγαλοι κεῖνται, οἷς διαμαντεύονται βάλλοντες δι’ αὐτῶν und Ἰστέον, ὅτι κλήροις τὸ πρὶν ἐμαντεύοντο καἰ ἦσαν ἐπὶ τῶν ἱερῶν τραπεζῶν ἀστράγαλοι, οὓς ῥίπτοντες ἐμαντεύοντο. Viel komplizierter war das Verfahren bei dem Orakel in Bura in Achaia (s. o. Bd. III S. 1059), von dem Pausanias VII 25, 10 berichtet: καταβάντων δὲ ἐκ Βούρας ὡς ἐπὶ θάλασσαν ποταμός τε Βουραικὸς ὀνομαζόμενος καὶ Ἡρακλῆς οὐ [54] μέγας ἐστὶν ἐν σπηλαίῳ· ἐπίκλησις μὲν καὶ τούτου Βουραικός, μαντείας δὲ ἐπὶ πίνακί τε καὶ ἀστραγάλοις ἔστι λαβεῖν· εὔχεται μὲν γὰρ πρὸ τοῦ ἀγάλματος ὁ τῷ θεῷ χρώμενος, ἐπὶ δὲ τῇ εὐχῇ λαβὼν ἀστραγάλους – τέσσαρας ἀφίησιν ἐπὶ τῆς τραπέζης. ἐπὶ δὲ παντὶ ἀστραγάλων σχήματι ⟨τὰ⟩ γεγραμμένα ἐν πίνακι ἐπίτηδες ἐξήγησιν ἔχει τοῦ σχήματος. Richtig hat hier Heinevetter (32) mit Emperius ἀστραγάλων statt des überlieferten ἀστραγάλῳ geschrieben und mit Foerster τὰ eingefügt; Heinevetter übersetzt den letzten umstrittenen Satz folgendermaßen: ,Zu jedem Wurf der Astragalen bietet das auf der Tafel Geschriebene eine genaue Erklärung des Wurfes‘, wobei unter dem ,auf der Tafel Geschriebenen‘ nichts anderes als die Antworten zu verstehen sind, die uns ganz analog die oben besprochenen Orakelinschriften noch heute bieten. Über andere Methoden der Befragung vgl. Bouché-Leclercq Hist. de la divinat. dans l’Antiquité I 191. Aber auch in Italien war diese Art der Zukunftserfragung wohl bekannt, denn Sueton (Tib. 14, 3) berichtet: ,(Tiberius) cum Illyricum petens iuxta Patavium adisset Geryonis oraculum, sorte tracta, qua monebatur, ut de consultationibus in Aponi fontem (vgl. o. Bd. II S. 173) talos aureos iaceret, evenit, ut summum numerum iacti ab eo ostenderent, hodieque sub aqua visuntur hi tali.‘ Kaum hatte Tiberius die Weiterreise angetreten, als das günstige Orakel auch schon in Erfüllung ging, da ihn der Tod des Augustus nach Rom und auf den Thron berief (Kaibel Herm. X 194). Übrigens verwendete man für die ,Antworten‘ gelegentlich auch Homerverse, wie der griechische Zauberpapyrus des Brit. Mus. nr. 121 Anf. (aus dem 3. Jhdt. n. Chr.) beweist (ed. Wessely Denkschr. Akad. Wien XLII (1893) 2. Abh., S. 1ff. Kenyon Greek Pap. in the Brit. Mus. II), doch benützte man hier nicht vierflächige Knöchel mit der Zahlbezeichnung 1, 3, 4 und 6, sondern vielmehr sechsflächige Würfel (κύβοι) mit der Numerierung 1–6, und zwar entweder einen einzigen Würfel bei dreimaligem Wurfe oder drei Würfel bei einmaligem Wurfe. Denn vor jedem als Antwort dienenden Ilias- oder Odysseeverse stehen jedesmal drei Zahlen, von denen keine 6 übersteigt, von ααα bis ςςς. Daraus ist zu schließen, daß dieses Würfelorakel 6✕6✕6, d. i. 216 Antworten erteilen konnte. Der Papyrus ist bloß teilweise erhalten, als Probe folgen 6 aufeinander folgenden Verse des Recto, col. 15 (pag. 23 W.): εγα [= 5, 3, 1] μηδ [επαγαλλομε]νος πολεμω και δηιοτητι (= Il. XVI 91); εγβ [5, 3, 2] μη ποτ[ε της ευνης] επιβημεναι ηδε μιγηναι (= Il. IX 133); εγγ [= 5, 3, 3] χειλεα μ[εν τ εδιην] υπερωνη δ’ ουκ’ εδιηνεν (= Il. XXII 495); εγδ [= 5, 3, 4] θαρσει [μη τοι ταυτα] μετα φρεσι σησι μελοντων (= Il. XVIII 463); εγε [= 5, 3, 5] τοuτον δ[ου δυναμαι] βαλεειν κυνα λυ[σσ]ητηρα (= Il. VIII 299); εγς [= 5, 3, 6] τεττα σιωπ[η ησο εμ]ω δ’ επιπειθεο μυθω (= Il. IV 412). Dann folgt die Paragraphos und unmittelbar die Antworten für die Würfe 5, 4, 1 bis 5, 4, 6, dann für 5, 5, 1 bis 5, 5, 6 usw. Auf die Antwort zum Wurf ςςς [= 6, 6, 6] folgt die Subscriptio τελος εχει τῶν Ομηρομαντιο‾ (sic) επαγαθῶ. Über die sonstige [55] Verwendung von Versen aus Homer und andern Dichtern als Orakel vgl. z. B. Wessely S. 2. Hopfner Griechisch-ägypt. Offenbarungszauber II. Bd. = Wessely Stud. zur Palaeographie u. Papyrusk. 23 (1923).
Mit diesen Knöchel- bzw. Würfelorakeln verwandt waren die Buchstabenorakel, wie sie für Adada (Syghyrlik) in Pisidien und Limyra in Lykien durch Inschriften bezeugt sind (Schönborn in R. Foersters Festschrift der Universität Breslau II 384. CIG 4379 o. Kaibel Epigr. gr. 1040; Hermes XXIII 540. Sterrett The Wolfe Exped. to Asia min. nr. 437 S. 311f. Heinevetter 33 und CIG 4310. Kaibel Epigr. gr. 1039. Heinevetter 35). Auch hier gehen beide Bearbeitungen auf ein und dasselbe Original zurück; dem Orakel von Adada aber ist noch folgende Einleitung vorangestellt, welche nach der Anrufung der Orakelgötter Apollon und Hermes die Männer nennt, die das Orakel wie oben jener Attalos auf eigene Kosten errichtet hatten: Δέσποτα Ἄπολλον καὶ Ἓρμεία, ἡγεῖσθαι.∥ Ἀντίοχος καὶ Βιάνωρ. παροδεῖτα, ∥ ἵσδευ καὶ χρησμῶν ἀρετῆς ἀπόλαυσον. ∥ ἡμεῖν γὰρ ἐκ προγόνων μαντοσύνην ∥ τὴν οἱ πό[ρ]ε Φοίβος Ἀπόλλων. ∥ Darauf folgen 24 iambische Trimeter, die nach den Anfangsbuchstaben alphabetisch geordnet sind, z. B.: Ἅπαντα πράξ(ε)ις καὶ [δι]οικήσεις καλῶς. ∣ Βοηθὸν ἕξεις μετὰ Τύχης τὸν Πύθιον. ∣ Γλυκὺς μελίσσης καρπός, ἔ[τ]ι πλεῖ[ον] π[ό]νος. ∣ Δύναμις ἄκαιρος ἐν νόμοισιν ἀσθενής usw. bis zum abschließenden Hexameter Ὥραις δὲ ἔστα(ι τ)α[ῦ]τ[α], [ἀ]λ[η]θείη δὲ προσέστ[αι] in der Inschrift von Adada und zum abschließenden iambischen Trimeter Ὠμὴν ὀπώραν [ἢν] λάβῃς, οὐ χρήσιμον in der Inschrift von Limyra. Gemeinsam sind übrigens beiden Fassungen bloß 9 Verse, doch finden sich auch in diesen geringfügige Abweichungen; in der Inschrift von Adada steht ferner mitten unter den iambischen Trimetern eine verderbte Fassung des Hexameters der obigen Astragalenorakel XXXIII 3 und XLI 3: Εὔοδά σοι πάντ’ ἐστὶ καὶ ἀσφαλῆ (π)ερὶ ὧν μ’ ἐπερ(ω)τᾷς [= εὔ. σ. π. ἐ. καὶ ἀσφαλῆ ὧν μ’ ἐπερ(ω)τᾷς]. Im Anschluß an Rieß (o. Bd. II S. 1793) bemerkt Heinevetter (S. 35) über die Art der Einholung der Orakel: „Die Buchstaben und somit die Sprüche wurden von dem Wanderer (auch die Inschrift von Syghyrlik war an öffentlichem Wege aufgestellt, vg. Z. 27: ξένε und Limyra, Z. 10 und 22 φίλε) erwürfelt. Denn daß die Buchstabenorakel sich aus den Würfelorakeln entwickelt haben, ist sehr wahrscheinlich. Wenn wir nämlich das System der oben beschriebenen Würfelorakel betrachten, so ergibt sich, daß mit 5 Astragalen 24 Zahlen erwürfelt werden konnten, nämlich 5–30, mit Ausnahme von 6 und 29, die fortfielen, da den Astragalen die Werte 2 und 5 fehlten. Nichts liegt da näher, als für jede der 24 Zahlen einen der 24 Buchstaben einzusetzen, so daß jeder Wurf seinen Buchstaben bekam, mithin jeder Buchstabe erwürfelt werden konnte. War jedoch ein derartiges Buchstabenorakel in einem Tempel aufgestellt, so kommen noch andere Benutzungsmöglichkeiten in Betracht. Eine solche vermutet Kaibel (Herm. X 197):,.. Der Frager brauchte nur aus einer Urne ein mit [56] einem der 24 Buchstaben bezeichnetes Steinchen hervorzuholen: seine Hand war von der Gottheit geführt, der Priester hatte sogleich den zu dem Initialen gehörigen Spruch bereit.‘“ Ich möchte eher glauben, daß auch das Ziehen dieses Steinchens dem Priester als Geweihtem des betreffenden Gottes vorbehalten blieb und nicht dem profanen und oft ,unreinen‘ Laien.
Endlich hat Heinevetter (S. 36ff.) einen Bronzegegenstand der Schaubertschen Antikensammlung im Archäolog. Museum zu Breslau herausgegeben, der ein nach links gewendetes Digamma vorstellt; die Länge des Hauptbalkens beträgt 4,5 cm, die des obern Querbalkens 3,5 und die des mittlern Querbalkens 2,5 cm, die Dicke etwas mehr als 1 cm. Auf der einen Seite zieht sich über den Haupt- und obern Querbalken in stark erhabenen Buchstaben die Inschrift Πυθαιεος hin, während an den Enden dieser beiden Balken auf etwas vertieftem Grunde je ein d. i. κε = 25 in schwächerer Reliefschrift angebracht ist. Heinevetter betrachtet mit Recht diesen Gußgegenstand als einen Bronzebuchstaben, der aber zugleich auch noch mit einer Losnummer (25) versehen war, um eine kombinierte Befragungsart sowohl nach Buchstaben wie auch nach Zahl zu ermöglichen; er denkt sich den Vorgang der Befragung folgendermaßen (S. 40): ,In einem Heiligtume befand sich, wahrscheinlich vor dem Bilde eines Gottes wie bei dem Orakel zu Bura das Orakelgerät. Dieses bestand aus einem Würfeltisch (τηλία), einem Würfelbecher (φιμός), fünf κύβοι, sowie einem Gefäß, das die 26 Buchstabenlose (24 + Ϝ und Ϙ) enthielt. Dazu gehörte noch eine in Stein gehauene Spruchliste (πίναξ), die zugleich die Sprüche für das Würfel- und Buchstabenorakel enthielt. Der Anfragende hatte die Wahl, er konnte seinen Schicksalsspruch erwürfeln, er konnte aber auch mittels des Buchstabenorakels einen Blick in die Zukunft tun, vielleicht sogar, um ganz sicher zu gehen, beides.‘ Unter dem Gott, der dieser Orakelgebung vorstand, ist natürlich der Πυθα(ι)εύς zu verstehen, über dessen Kultstätten in der Argolis Paus. II 24, 1 (in Argos selbst), 35, 2 (in Hermione), 36, 5 (in Asine) und Thukydides V 53, 1 (in Epidauros und Argos) berichten (vgl. Gruppe Griech. Mythol. u. Religionsgesch. I 131 für Sikyon, 173 für die genannten Orte und Methana, 268 für Rhodos und CIG 1420 und 1429; der Gott verschmolz früh mit Apollon). Die ungefähre Zeit des Bronzedigammas berechnet Heinevetter (S. 43) auf Grund der Form der Zahl 25 für den Anfang des 3. Jhdts. v. Chr. Auf verschiedene mit Inschriften versehene Astragalen und polygonale Würfel, die Heinevetter 45 teils beschreibt, teils abbildet, kann hier nicht eingegangen werden. Vgl. Heinevetter Würfel-und Buchstabenorakel in Griechenland und Kleinasien, Dissertation Breslau 1912[WS 1].
[Th. Hopfner.]
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