ART

27) Arsinoë III., Tochter des Ptolemaios III. Euergetes und der Berenike (Polyb. XV 25, 2). Sie wurde die Gemahlin ihres leiblichen Bruders, des Königs Ptolemaios IV. Philopator. Wie damals üblich, wurde sie in den Kultus ihres Gatten mit aufgenommen, also zur ‚Göttin‘, die ihren Vater liebt (θεὰ Φιλοπάτωρ) erhoben. Ebenso entsprach es dem von Ptolemaios II. eingeführten Brauche, dass sie und der Bruder zusammen unter dem Namen der θεοὶ Φιλοπάτορες als σύνναοι θεοὶ dem Kult der Stadtgötter, unter anderem auch dem des Alexandros in Alexandreia hinzugefügt wurden (vgl. Wilcken Herm. XXII 8; Beispiele vielfach in griechischen und ägyptischen Urkunden, s. u. a. Lepsius Abh. Akad. Berlin 1852, 455ff. Revillout Chrestomat. démot. und Nouv. Chrest. dém. Brugsch Thesaurus inscr. aeg. V 858ff. Mahaffy Flind. Petr. Papyr. II [154]). Doch ist diese Apotheose des Königs und demnach auch der Königin erst nach seinem fünften Jahre (= 218/7) erfolgt (Revillout Chrestom. dém. 300). Da sie auch sonst gern infolge kriegerischer Triumphe verliehen wurde, liegt die Annahme nahe, dass in diesem Fall der Sieg von Raphia (217) ihnen die Gottheit verschafft hat. Diese Annahme findet ihre Bestätigung darin, dass nach dem Ansatz der Numismatiker die Münzen mit der Umschrift Πτολεμαίου Φιλοπάτορος erst 217 ihren Anfang nehmen (Poole Catalog. of Greek coins in the Brit. Mus. The Ptolemies LI). In Memphis wurde der Kult der θεοὶ Φιλοπάτορες dem der Euergeten hinzugefügt (Lepsius a. O. 500). In Alexandreia wurde, abgesehen von ihrer Verbindung mit Alexandros, ihr Kult auch mit dem von Σαρᾶπις καὶ Ἶσις θεοὶ Σωτῆρες vereinigt. Die bilingue Weihinschrift ihres gemeinsamen Tempels wurde 1886 auf einer Goldplatte bei der Börse in Alexandreia gefunden (anders Maspéro Recueil de travaux rel. à la phil. egypt. VII 1886, 140; dazu vgl. Brugsch Thesaur. ling. aeg. V 917 mit einer notwendigen Correctur des hieroglyphischen Textes). Aus dem Leben der A. ist sonst wenig bekannt. Als ihr Gatte im J. 217 gegen Antiochos d. Gr. zu Felde zog, war sie in seiner Begleitung und ermunterte vor der Schlacht bei Raphia (217) die Truppen durch Ansprachen (Polyb. V 83, 3. 84, 1. Makk. III 1, 4). Nach dem Siege geleitete sie ihn wieder nach Alexandreia zurück (Polyb. V 87, 6). Leider vermochte sie nicht, ihn dem liederlichen Leben, dem er sich [1288] immer mehr hingab, zu entziehen. Einen trüben Einblick in ihr Leben gewähren die Worte bei Polybios XV 25, 9. Im J. 210 hat sie dem König einen Knaben geboren, der bald darauf zum Mitregenten erhoben wurde (Revillout Revue Egypt. III 1ff.; der Mitregent erwähnt in einer Inschrift aus Sestos, Athen. Mitt VI 209ff.) und im J. 205/4 als Ptolemaios V. (später Epiphanes) den Thron bestieg (vgl. Iust. XXX 2, 6, der sie irrtümlich Eurydice nennt). In demselben J. 210 kam eine römische Gesandtschaft nach Alexandreia, die unter anderem der A. kostbare Kleider zum Geschenk überbrachte (Liv. XXVII 4, 10, der sie fälschlich Cleopatra nennt). Später ist A. den Intriguen der gemeinen Hofclique, die den König völlig beherrschte, zum Opfer gefallen. Er liess sie durch Sosibios und Philammon umbringen (Polyb. XV 25, 2. 12; vgl. 26a, 1. Iust. XXX 1, 7). Die Ermordung, deren Zeitpunkt nicht überliefert wird, fällt zwischen 210 und 205/4. Diese Schandthat wurde erst nach dem Tode des Königs bekannt und erregte das Mitleid und den Rachedurst der Bevölkerung, wobei eine allgemeine Verehrung für die unglückliche Königin zu Tage trat (Polyb. XV 25, 7ff.). Ihre früheren Gespielinnen (die σύντροφοι) haben dann an Philammon und seiner Familie gemeinsame Rache genommen (Polyb. XV 33, 11ff. Iust. XXX 2, 7). Unter der Regierung ihres Sohnes Ptolemaios V. ist ihr zu Ehren in Alexandreia das eponyme Priestertum der ἱέρεια Ἀρσινόης Φιλοπάτορος eingesetzt worden, das in den Datierungen der Contracte hinter der ἀθλοφόρος der Berenike und der κανηφόρος der A. Philadelphos begegnet (Belege vielfach in griechischen und ägyptischen Urkunden, z. B. in der Rosettana CIG 4697, 5). Dass dieses Priestertum erst unter Epiphanes eingeführt wurde, und zwar zwischen seinem zweiten und achten Jahre, bemerkt schon Lepsius (a. O. 487). Bei Lebzeiten der A. ist ihr und ihrem Gatten die Weihinschrift des Lichas bei Edfu gesetzt worden (vgl. Wilcken Arch. Jahrb. IV 1889 Anzeig. 44 und bei Droysen Kl. Schr. II 438; jetzt auch Mahaffy Bull. hell. XVIII 1894, 149). Über die Münzen mit dem Kopf und Namen der Ἀρσινόη Φιλοπάτωρvgl. Poole Catalog. of coins a. O. LIII 67.
[Wilcken.]

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