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Aphareus (Ἀφαρεύς). 1) Messenisch, wahrscheinlich Eponymos der am Westfusse des Taygetos gelegenen Stadt Pharai (Φαραί = episch Φηραί Il. IX 151. Strab. VIII 360, vgl. E. Pernice, Berl. archäolog. Gesellsch. Juli 1893), von wo ein unbekannter Autor bei Steph. Byz. s. Φαραί seine Söhne, die Ἀφαρητιάδαι, herleitet (v. Wilamowitz Isyllos 55, 29). Er hat daher wesentlich genealogische Bedeutung; für das Nähere s. Idas und Asklepios (Arsinoe). Die Sage musste sich [2711] ändern nach den Perioden der messenischen Geschichte.
A. Vor der dorisch-spartanischen Eroberung (bestimmt von Wilamowitz Eur. Herakl. I 268; zweifelnd von Niese Herm. XXI 23, 1 für identisch erklärt) nur aus inneren Gründen als alt zu erschliessen: A. Sohn des Aioliden Perieres, seine Söhne (von der Arene?) Idas und Lynkeus (und Pisos?); Idas, Gemahl der Aitolerin Marpessa, die ihn, den Sterblichen, dem Apollon vorgezogen hatte, Il. IX 555ff.; fraglich ist, ob schon damals Leukippos als Bruder des A. und die andere Sagenwendung bekannt war, wonach die Söhne des A. die Töchter des Leukippos, natürlich ohne die Nebenbuhlerschaft der Dioskuren, freiten.
B. Von der Eroberung bis zur Gründung von Messene. Der Krieg der Messenier und Spartaner stellt sich mythisch dar im Streit der Aphareussöhne und der spartanischen Dioskuren. Erst während und nach dem Kriege sind gedichtet die den Kampf erwähnenden Stellen der Kyprien (Prokl. und frg. 7. 9 Ki.) und der ,hesiodische‘ κατάλογος τῶν Λευκιππίδων (v. Wilamowitz Isyllos 77ff.; Eur. Herakl. a. a. O.; für die spätere Litteratur Pindar Nem. X 60ff. u. s. w. s. Weizsäcker in Roschers Lex. d. Myth. II 100). Mit Messenien wurde auch A. dorisch: Stesichoros machte ihn und Leukippos zu Brüdern des Tyndareos und Ikarios (frg. 61 Bgk. Apd. III 10, 3), und der spartanische Staat übernahm den Kult, vielleicht, wie bei Orestes von Tegea, durch Einholung der Gebeine (Rohde Psyche I 151, 1). Wo freilich das ältere messenische Grab des A. gelegen hat, welches bei Pindar, auch Theokr. XXII 199ff., also wohl auch bei Hesiod, im Kampfe mit den Dioskuren eine Rolle spielte, ist nicht auszumachen; schwerlich bei Arene. Der Kult in Sparta wird bezeugt Paus. III 11, 11; die Leukippiden als Heroinen und als Priesterinnen ebd. c. 16, 1. Ebenso wird Arene, Gattin des A. (auch erwähnt Pherek. frg. 65, FHG I 88), zur Tochter des Oibalos von der Perseustochter Gorgophone (auch nach Stesichoros?), Paus. IV 2, 2. Hier ist die spartanische Usurpation handgreiflich: Arene ist die Eponyme der Stadt am Minyeïos, auf dem Wege zwischen dem triphylischen Pylos und der Alpheiosfurt gelegen, Il. XI 723 ( = Samikon? Strab. VIII 347 = Paus. V 6, 2), die mit ihrem Sohne Pisos (so Hercher bei Apd. III 10, 3, 4 für Πεῖσος derselbe Sohn des Perieres in der Erklärung des Kypseloskastens, Paus. V. 17, 4) landschaftlich zusammengehört; was wollten dort in älterer Zeit die Spartaner? A. und Arene bezeichnen die äussersten Grenzen des alten messenisch - pisatischen Bundesgebietes zur Zeit der ,messenischen Kriege‘. Statt Arene nennen andere Namen: Polydora Peisandros Schol. Ap. Rh. I 151, Laokoosa Theokr. XXII 205.
C. Bei der Neugründung des Staates und seiner Kulte durch Epaminondas suchte man auch die alten Heroen wieder hervor, zunächst die des Epos, darunter A. Um 300 malte Omphalion, Schüler des Nikias (über dessen Zeit s. C. Robert Archaeol. Märchen 88), im Tempel der neuen Stadtgöttin den A. mit Idas und Lynkeus, Leukippos und seine drei Töchter Hilaeira, Phoibe, Arsinoe, Nestor und Asklepios mit ihren Söhnen, endlich Kresphontes, Paus. III 13, 1. Brunn [2712] Gesch. d. gr. Künstler II 201f. Später entstand die messenische Königsliste mit ihrem durchaus sacralen Charakter, uns erhalten bei Paus. IV Anfang, nach meiner Vermutung aus dem stark hieratischen Epos des Rhianos (Festschr. des Gymn. zu Jauer 1890, 66ff.). A. ist einer der Könige, Sohn und Nachfolger des Perieres; er gründet Arene, lässt sich von Lykos, Sohn des Pandion, aus Athen in die Orgien der Grossen Götter einweihen; nach dem Tode seiner Söhne Idas und Lynkeus herrschen Nestor und die Asklepiaden über sein Erbe, vgl. c. 2, 4–3. 2. Die Variante in der spartanischen Königsliste Paus. III 1, 4 (im allgemeinen Sosibios?), dass A. den flüchtigen Tyndareos im messenischen Thalamai aufnahm und dass die Dioskuren dort geboren wurden, ist gleichfalls messenisch aufgefasst: sie zeigt den Undank der Dioskuren (Quelle Theopomp wegen frg. 92? Immerwahr Lakon. des Paus. 8f.). Damit ist versucht, die von B. Niese Herm. XXVI 13ff. ausgesprochene Ansicht von der Entlehnung fast aller spätmessenischen (d. h. erst nach 369 nachweisbaren) Kulte aus Sparta einzuschränken und dem Epos mehr gerecht zu werden.
[Hiller v. Gaertringen.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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