54) (M.) Antonius Felix, Procurator von Judaea um 52–60 n. Chr., vgl. besonders E. Schürer [2617] Gesch. d. jüd. Volkes im Zeitalter Jesu Christi I² 1890, 477–485, wo auch die frühere Litteratur ausführlich angegeben ist.
a) Name: Antonius Felix, Tac. hist. V 9 und Inschrift von Pola, CIL V 34 (falls hier derselbe gemeint ist). Bei Suidas s. Κλαύδιος wird statt Κλαύδιον Φήλικα zu verbessern sein Κλαύδιος Φήλικα. Obwohl er also Suet. Claud. 28 und Vict. epit. 4, 8 ein Freigelassener des Claudius genannt wird, so wird er doch nicht den Namen Claudius geführt haben (damit berichtige ich meine frühere Ansicht De Palaestina et Arabia 1885, 35) und die Inschrift CIL VI 8413 Ti. Claudius Felix Aug. l. a rationibus nicht auf ihn zu beziehen sein (vgl. Friedländer Sittengesch. I⁶ 1888, 172). Vielmehr wird er ebenso wie sein Bruder Pallas (Tac. ann. XII Joseph. ant. XX 137. 182; bell. II 12, 8) von Claudius’ Mutter Antonia freigelassen worden sein (vgl. Joseph. ant. XVIII 179ff.) und, da diese eine Tochter des M. Antonius war, den Vornamen Marcus gehabt haben (vgl. auch M. Antonius Fe[lix], CIL VI 1984 und M. Antonius Pallas Nr. 84).
b) Amt: Im J. 52 (Tac. ann. XII 54. Joseph. ant. XX 137) wurde Felix nach Absetzung des Ventidius Cumanus von Claudius zum Procurator von Judaea ernannt (Joseph. ant. XX 137; bell. II 12, 8. 13, 3. Suet. Claud. 28), wahrscheinlich seinem Bruder Pallas zu Gefallen, dem gerade damals (am 23. Januar 52) die höchsten Ehren zuerkannt wurden (s. Nr. 84). Nach Tacitus (ann. XII 54) war er schon vorher eine Zeit lang neben Ventidius Cumanus in Palaestina thätig gewesen, anscheinend zuerst als Befehlshaber von Hülfstruppen (Suet. Claud. 28 cohortibus et alis provinciaeque Iudaeae praeposuit, vgl. Vict. ep. 4, 8), dann mit gleichem Range, wie der Procurator, so dass sich beide in die Provinz teilten (ita, ut Cumano Galilaeorum natio, Felici Samaritae parerent Tac. ann. XII 54, während Josephus bell. II 12, 8 den Felix Galilaea, Samaria und Peraea verwalten lässt). Da sie wetteifernd das Land misshandelten und ein Aufruhr loszubrechen drohte, wurde der Legat von Syrien, Ummidius Quadratus, mit der Ordnung der Angelegenheit betraut, bestrafte aber für die Schandthaten, die beide begangen hatten, nur den Cumanus, während Felix, der Bruder des mächtigen Pallas, sogar an der Urteilssprechung teilnahm (Tac. ann. XII 54). Als Procurator der ganzen Provinz hatte Felix wiederholt Räuber und Aufständische zu bekämpfen, besonders auch einen ägyptischen Magier mit seinem Anhang (vgl. Apostelgesch. 21, 38), und soll sogar durch die römerfeindlichen sicarii den Hohenpriester Jonathan, dem er angeblich seine Ernennung zum Procurator zu verdanken hatte, haben ermorden lassen (Joseph. ant. XX 161; in der früheren und zuverlässigeren Darstellung bell. II 13, 3 steht Felix ausser Zusammenhang mit dem Morde), vgl. im allgemeinen über seine Amtsführung Joseph. bell. II 13, 2–6; ant. XX 160ff. Tac. ann. XII 54 und das zusammenfassende Urteil Tac. hist. V 9: per omnem saevitiam ac libidinem ius regium servili ingenio exercuit. Als er den Apostel Paulus gefangen nehmen liess, hatte er schon ἐκ πολλῶν ἐτῶν das Richteramt in Judaea geführt (Apostelgesch. 24, 10); nach der Gefangennahme blieb er noch zwei Jahre im Amte [2618] (Apostelgesch. 24, 27). Seine Abberufung ist daher möglichst spät, 60 oder 61 n. Chr., anzusetzen. Mit dem J. 60 stimmen am besten die übrigen Zeitandeutungen überein, vgl. Schürer a. a. O. 483–485. Felix wurde nun in Rom von den Juden in Caesarea angeklagt, entging aber auf die Fürbitte seines Bruders Pallas der Strafe, Joseph. ant. XX 182.
c) Familie: Sueton Claud. 28 nennt den Felix trium reginarum maritum. Eine dieser drei Gemahlinnen war Drusilla Cleopatrae et Antonii neptis, Tac. hist. V 9; eine andere: Drusilla, Tochter Agrippas I., die er ihrem ersten Gemahl, dem Könige Azizus von Emesa, abwendig machte, Joseph. ant. XX 141. Apostelgesch. 24, 24; die dritte kennen wir nicht. Von der zweiten, Drusilla, hatte er einen Sohn, Agrippa, der beim Ausbruch des Vesuvs im J. 79 umkam (Joseph. ant. XX 144; vgl. Zonar. VI 15). Wenn sich CIL V 34 auf ihn bezieht, so hatte er auch eine Tochter Antonia Clementiana und einen Urenkel L. Anneius L. f. Domitius Proculus.
[P. v. Rohden.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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