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24) Antimachos aus Kolophon, griechischer Dichter. Seine Zeit wird annähernd bestimmt durch die Notiz, Herakleides Pontikos habe im Auftrage Platons seine Gedichte in Ionien gesammelt (Prokl. zu Plat. Tim. I 28 c). Da diese Notiz auf Herakleides selbst zurückgeht, ist sie zuverlässig. Dieselbe Zeit und dasselbe Verhältnis des Platon zu der Poesie des A. wird vorausgesetzt in zwei an sich legendarischen Anekdoten bei Cic. Brut. 51. Plut. Lysand. 18. Bestätigend tritt hinzu die Ansetzung der Blüte des A. auf den Regierungsantritt des Artaxerxes durch Apollodor von Athen, Diod. XIII 108. Unkontrollierbar sind die Überlieferungen über den Namen seines Vaters, der Hyparchos geheissen haben soll, und über seine persönlichen Beziehungen zu Panyassis und zu Stesimbrotos (Hesychios Illustrios bei Suid., zum Teil aus Hermippos von Berytos); Wahrscheinlichkeit hat keine von ihnen für sich. Am berühmtesten unter den Gedichten des A. war die Elegie Lyde, die Verherrlichung einer verstorbenen Geliebten dieses Namens, in der Weise angelegt, dass A., um sich über den Verlust zu trösten, ähnliche Fälle aus der Mythologie und Sage erzählte: das ergiebt sich aus der Nachahmung in dem Gedichte Λεόντιον des Hermesianax von Kolophon (Athen. XIII 596 f), wird direct ausgesprochen bei Plutarch (consol. ad Apoll. 9) und bestätigt durch die Fragmente. Eine Epitome (?) der Lyde verfasste Agatharchides von Knidos (Phot. bibl. 171 a 24 Bk.). Fragmentsammlung bei Bergk PLG⁴ 287–294. Nächst der Lyde war am bekanntesten sein Epos Θηβαΐς. Über seinen Inhalt ist nichts bekannt als die geringen Einzelheiten, die sich aus den dürftigen Bruchstücken gewinnen lassen. Die früher verbreitete Annahme, Statius habe in seiner Thebais den A. nachgebildet, darf als aufgegeben betrachtet werden. Die Zahl der Bücher reicht in den Citaten bis V. Welcker Ep. Cycl. I 103ff. Spiro De Eurip. Phoenissis (Diss. Berl. 1884) 26ff. Ausser diesen beiden Hauptwerken wird von A. ein Gedicht Δέλτος erwähnt, Athen. VII 300 d. Drei andere Titel (Etym. M. 4, 6. Hist. Aug. Hadr. 15. Steph. Byz. s. Κοτύλαιον) sind teils corrupt, teils unsicher. Das unter dem Namen A. überlieferte Epigramm Anth. Pal. IX 321 ist sicher nicht von ihm. Ferner wird neben den Poesien des A. eine von ihm besorgte Homerausgabe erwähnt, ihre Lesarten zu mehreren Stellen der Ilias und Odyssee sind in den Homerscholien erhalten. Stoll Antim. reliq. 112. A. Ludwich Aristarchs hom. Textkrit. I 18. II 432, 383.

Dass A. in der Geschichte der griechischen Poesie von hervorragender Bedeutung gewesen ist, sehen wir an der lebhaften und nachhaltigen Nachwirkung, die seine Dichtungen im Urteile der Nachwelt hervorgerufen haben. Um so mehr ist es zu beklagen, dass die wenigen Bruchstücke nur eine schattenhafte Vorstellung von seiner dichterischen Eigenart ermöglichen. Immerhin lässt sich so viel erkennen, dass A. an das alte Epos und die altionische Elegie (Mimnermos) anknüpfte. [2435] Seine Dichtung war gelehrt, überladen mit weit hergeholten Glossen, durchsetzt mit Reminiscenzen an Homer und die kyklischen Dichter, aber, wie es scheint, weder leichtflüssig noch klar, sondern schwerfällig und schwülstig. Entsprechend den verschiedenen Richtungen, die in der hellenischen Poesie der Folgezeit auftreten, wird A. sehr verschieden beurteilt. Aus den nächsten Generationen nach ihm ist neben Platon unter seinen Bewunderern vor allem Asklepiades von Samos zu nennen, der in einem schönen Epigramme die Lyde als τὸ ξυνὸν Μουσῶν γράμμα καὶ Ἀντιμάχου feiert (Anth. Pal. IX 63). Aber bald erhob Kallimachos gegen die Bewunderung des Gedichtes Einspruch, indem er es ein παχὺ γράμμα καὶ οὐ τορόν schalt (frg. 441. Dilthey De Callimachi Cydippa 18. 19): von seinem Standpunkte aus völlig begreiflich. Sein abschätziges Urteil hat einen Nachklang bei Catull (95) gefunden. Aber bald trat A. in die Reihe der ersten Dichter: Poseidippos (Anth. Pal. XII 168) stellt ihn zusammen mit Mimnermos auf der einen, mit Homer und Hesiod auf der andern Seite, Krates von Mallos (Anth. Pal. XI 218, dazu Wachsmuth De Crat. Mall. 30. Meineke Analecta Alexandra 30–32) setzt als selbstverständlich voraus, dass A. weit vor Choirilos rangiert. Als dann der Kanon der Epiker gebildet wurde, erhielt A. in ihm einen Platz: die zweite Stelle bezeugen übereinstimmend Quintilian X 1, 53 und Antipater von Thessalonich, der Gegner des Kallimachos, in einem scharf gegen dessen Urteil zugespitzten Epigramme (Anth. Pal. VII 409. Dilthey a. a. O.), wie denn überhaupt die Mehrzahl der Bewunderer des A. in den der Richtung des Kallimachos abholden Kreisen sich findet; die dritte Stelle nach Homer und Hesiod hat A. in der Μουσικὴ ἱστορία des Rufus (Phot. bibl. 103 b 32); die fünfte Stelle in der Chrestomathie des Proklos (I 3), nach Suid. s. Πανύασσις steht er vor Panyassis. Den Verfasser des Kanons der Epiker kennen wir nicht, ebenso wenig den Urheber der stark übereinstimmenden Urteile über den Stil des A. bei verschiedenen späteren Autoren: bei Dion. Hal. de comp. verb. 22 ist A. ein Hauptvertreter der sogenannten αὐστηρὰ ἁρμονία, de vet. script. cens. II 3 wird seine εὐτονία καὶ ἀγωνιστικὴ τραχυτής hervorgehoben, bei Plutarch. Timol. 36 heisst es von seinen Werken, dass sie ἰσχὺν ἔχοντα καὶ τόνον ἐκβεβιασμένοις καὶ καταπόνοις ἔοικε, und Quintilian rühmt an ihm die vis et gravitas et minime vulgare dicendi genus (X 1, 53), so wie Antipater a. a. O. von dem ὄβριμον ἀκαμάτοιο στίχος Ἀντιμάχοιο spricht; auch der Tadel des Quintilian, dass A. et affectibus et iucunditate et dispositione et omnino arte deficitur, kehrt zum Teil nur bei Plutarch wieder, wo die Weitschweifigkeit des A. getadelt wird (de garrul. 21); vgl. Gregor v. Naz. epist. III ad Nicob. Wie die Lyde des A. an die Nanno des Mimnermos anknüpft, so die Bittis des Philetas und die Leontion des Hermesianax von Kolophon an die Lyde des A. Nachahmer des A. war auch sein Landsmann Nikander (Schol. Nic. Ther. 4). Im 2. Jhdt. n. Chr. wurde A. viel gelesen: der Kaiser Hadrian stellte ihn über Homer (Dio Cass. LXIX 4) und ahmte ihn nach (Hist. Aug. Hadr. 15), und A., der ohnehin von den [2436] Grammatikern und Scholiasten viel ausgenutzt war, wurde der Gegenstand gelehrter Studien: Dionysios von Phaselis schrieb περὶ τῆς Ἀντιμάχου ποιήσεως, Zotikos, der Freund des Plotinos, verfasste Ἀντιμάχου διορθωτικά (Porph. v. Plot. 7), Longinos λέξεις Ἀντιμάχου (Suid. s. Λογγῖνος). Fragmentsammlungen von Schellenberg (Halle 1786), Giles (London 1838), Dübner in den Epikern hinter dem Hesiod der Didotschen Sammlung (Paris 1840), von H. W. Stoll (Dillenburg 1845), in Kinkels Fragmenta epicorum graecorum I 273–308.
[Wentzel.]

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