45) Sex. Petronius Probus, geboren zwischen 330 und 334 (CIL VI 1756a 9), Sohn des Probinus (CIL V 3344), Erneuerer des anicischen Geschlechtes (Auson. ep. XVI 2, 31. 83. CIL VI 1753), dem er sein Praenomen Sextus entnommen hatte (vgl. Nr. 22. 24. 25). Er muss zweimal verheiratet gewesen sein; denn der Sohn, welcher ihm schon vor 371 geboren war (Auson. ep. XVI 1, 4. 2, 28. 88. 98) und nach kurzer Ehe mit der Furia (Hieron. ep. 123, 18 = Migne L. 22, 1059) schon vor 394 starb (Hieron. ep. 54), kann seinem Alter nach nicht von Anicia Faltonia Proba geboren sein (s. Nr. 44). Von der letzteren überlebten ihn drei Söhne, Anicius Hennogenianus Olybrius, Anicius Probinus, Anicius Petronius Probus (CIL V 1083*. VI 1752–56), welche bei seinem Tode noch alle in sehr zartem Alter standen (Claud. de cons. Ol. et Prob. 31. 63. 69). Er besass eine feine Bildung (CIL VI 1751) und dedicierte dem Kaiser Theodosius ein Buch, in welchem er seine Gedichte mit denen seines Vaters und Grossvaters zusammengestellt hatte (Epigramm bei Halm Cornelius Nepos p. 101). Seine Charakteristik Amm. XXVII 11. XXX 5, 4ff. Er begann seine Ämterlaufbahn 358 mit dem Proconsulat von Africa (Cod. Theod. XI 36, 13. CIL V 3344. VI 1751–53. VIII 1783). Im J. 368 wurde er zum ersten Mal Praefectus Praetorio, um später nur selten und auf kurze Zeit ins Privatleben zurückzukehren (Amm. XXVII 11, 1. 2. XXX 5, 4. Auson. ep. XVI 2, 18. Claud. de cons. Ol. et Prob. 55. Paulin. vit. Ambr. 5. 8 = Migne L. 14, 28. 29; es sind noch etwa 50 an ihn gerichtete Gesetze erhalten, die man im Index von Haenels Corpus legum zusammengestellt findet; über ihre Datierung vgl. Krüger Comment. Mommsenianae 75; das früheste darunter Cod. Theod. X 24, 1). Die ihm anvertrauten Dioecesen waren Illyricum, Italia und Africa (CIL V 3344. VI 1751–53. CIG II 2593. CIA ΙII 1, 639); da hier keiner der drei Kaiser sich aufhielt, führte er von Sirmium aus, wo er zu residieren pflegte (Amm. XXIX 6, 9. Auson. ep. ΧVI 2, 1. Cod. Theod. VII 4, 16. 23, 1. VIII 5, 28. 15, 5. ΧΙII 3, 7. XV 1, 18, wo überall statt dat. Sirmio zu schreiben ist acc. Sirmio), eine äusserst selbständige Verwaltung (Amm. XXVII 11, 2. Auson. ep. XVI 2, 16). Er schuf sich Anhang, indem er jeden, der sich in seine Clientel begab, gegen Angriffe schützte, auch wenn er die schwersten [2206] Verbrechen begangen hatte (Amm. XXVII 11, 4); mit Maximinus, dem Günstling des Kaisers, der ihm anfangs entgegentrat, schloss er seinen Frieden, indem er seinen Freund und Warner Aginatius dessen Rache auslieferte (Amm. XXVIII 1, 31–33); die Gunst Valentinians gewann er dadurch, dass er die Steuern mit furchtbarer Härte eintrieb und so die Einkünfte seines Bezirkes beträchtlich steigerte (Amm. XXX 5, 5. Hier. chron. 2388, wo in den occidentalischen Hss. durch zeitgenössische Interpolation, welche ohne Zweifel Probus selbst oder doch seine Anhänger bewirkt haben, sein Name getilgt und durch den des unschuldigen Equitius ersetzt ist. Mommsen Herm. XXIV 399), wobei er auch seine eigene Bereicherung nicht vergass (Amm. XXVII 11, 1. XXX 5, 10. Symm. ep. II 30, 2). Die ihm untergeordneten Beamten (CIA III 1, 639), Provinzen (CIL VI 1751) und Städte (CIG II 2593; vgl. CIL X 5179) wurden gezwungen, ihm Statuen zu errichten und Dankgesandtschaften zu senden (Amm. XXX 5, 8. 9), so dass der Kaiser über das Treiben seines Praefecten lange im Unklaren blieb. So belohnte er ihn 371 durch das Consulat mit der besonderen Auszeichnung, dass der junge Augustus Gratian sein College wurde (Auson. ep. XVI 2, 21. 69; vgl. Amm. XXIII 1, 1). Erst als Valentinian 375 persönlich in den Bezirk des Probus kam, erfuhr er durch einen Zufall von seiner Wirtschaft und bedrohte ihn seitdem mit dem Schlimmsten (Amm. XXX 5, 4ff.). Nach dem plötzlichen Tode des Kaisers, welcher diese Gefahr beseitigte, wirkte Probus dazu mit, dass eine Usurpation vermieden und Valentinian II. auf den Thron erhoben wurde (Rufin. h. e. II 12 = Migne L. 21, 522). Als er daher 376 die Praefectur nach achtjähriger Verwaltung niederlegen musste, geschah es nur, um sie seinem Schwiegervater zu übergeben (Seeck Symmachus p. CIII). Schon 380 war er zum zweiten Mal Praefect, diesmal in Gallien (CIL V 3344. VI 1752. 1753. Cod. Iust. VII 38, 1. Cod. Theod. VI 28, 2. 35, 10); doch scheint seine Verwaltung nicht lange gedauert zu haben, da Claudian (de cons. Ol. et Prob. 59) dieses Amtes gar nicht erwähnt. 383–384 war er wieder Praefect von Illyricum, Italien und Africa (Cod. Theod. VI 30, 6. XI 13, 1. CIL 3344. CIG II 2593; vgl. Seeck Symmachus p. LV Anm. 210), und führte als solcher im Namen des Theodosius eine Art Vormundschaft über den jungen Valentinian (Sokr. V 11. Soz. VII 13). 385 hatte er sein Amt niedergelegt (Seeck Symmachus p. CIII), aber schon 387 bekleidete er es zum vierten Male (CIL 1752. 1753. 1756 a 5. b 7), musste aber, als Maximus in Italien einfiel, mit dem Kaiser nach Thessalonike fliehen (Sokr. V 11. Soz. VII 13). Nach der Besiegung des Usurpators kehrte er nach Rom zurück, wo er unbestritten als das Haupt der ganzen Aristokratie betrachtet wurde. Sein Ruhm war so verbreitet, dass zwei vornehme Perser um 389 nur deshalb nach Italien gereist sein sollen, um den heiligen Ambrosius und den Probus zu sehen (Paulin. vit. Ambr. 25 = Migne L. 14, 36). Bald darauf muss er gestorben sein, nachdem er noch kurz vorher die Taufe empfangen hatte (CIL VI 1756 b 4. 9. 24); denn 395 war er schon seit längerer Zeit tot (Claud. de cons. Ol. et Prob. 31. 167. Amm. XXVII 11, 2). Bei der Apsis von S. Pietro [2207] in Vaticano wurde er begraben; seine Grabschrift CIL VI 1756 a. b. De Rossi Inscr. christ. urb. Rom. II p. 348. An ihn gerichtet Auson. ep. XVI. Symm. ep. I 56–61. IX 112 und ein pseudo-augustinischer Brief, in welchem er über den Verlust einer Tochter getröstet wird (Migne 33, 1175); ihm gewidmet die Ora maritima seines Verwandten Rufius Festus Avienus.
[Seeck.]
Anmerkungen (Wikisource)
Siehe auch die Stammtafel bei Anicius 22ff.
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