Anagyris (ἀνάγυρις, ἀνάγυρος, ὀνόγυρος [z. B. Nic. Ther. 71], ἄκοπον [Plin. u. Diosc.], anagyris), Stinkstrauch, Anagyris foetida L. (aus der Familie der Schmetterlingsblütler; vgl. Leunis Synops. II. Teil³ II § 426, 1), neugriechisch ἀναγύρι (vgl. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 713. Fraas Synops. pl. fl. cl. 64. Billerbeck Flora class. 109, wo noch andere mundartliche Benennungen angeführt sind), albanesisch Zoíγer (vgl. v. Heldreich Pflanzen d. att. Ebene 558). Dieser nicht selten baumartige Strauch ist gegenwärtig in den wärmeren Ländern (dortige Blütezeit meist von Mitte December bis Ende Februar) des südöstlichen Europas, mithin auch in Süditalien und Griechenland – gegenwärtig besonders in den dortigen [2028] Niederungen, Seestrand- und Maquisregionen, auch auf Euboea, überhaupt auf den griechischen Inseln –, ferner in Kleinasien bis nach Syrien hin häufig anzutreffen; vgl. Koch Bäume und Sträucher d. a. Griechenl. 214. Wann er den alten Griechen erstmalig bekannt wurde, ist zweifelhaft; jedenfalls lange vor des Aristophanes Zeit. Theophrast erwähnt ihn übrigens nicht. Dagegen sind die Beschreibungen (Blüte kohlähnlich, d. h. gelb, Hülse nierenförmig u. s. w.) bei Dioskorides (III 157) und Plinius (XXVII 30) im ganzen zutreffend. Sein starker, widerlicher Geruch, der sich namentlich dann verbreitet, wenn man etwas von dem Gesträuch, z. B. von den Blättern, zerreibt, war sprichwörtlich (Zenob. prov. II 55. III 31: τὸν ἀνάγυρον κινεῖν – vgl. Aristoph. Lysistr. 68. Diog. I 25. Suid. Liban. epist. 78 – von einem, der eine üble, fatale, anrüchige – eigentlich stinkende – Sache wieder aufrührt, statt sie ruhen zu lassen). Auch wissen wir, dass sowohl Aristophanes als Diphilos Komödien mit dem Titel Ἀνάγυρος geschrieben haben, die aber verloren gegangen sind. Der Same bewirkte gleich nach dem Genusse heftiges Erbrechen, war also ein gutes Gegenmittel bei gewissen Vergiftungen; vgl. Galen. XVI 143. Die Verwendung in der Medicin (z. B. bei Verstopfungen, s. ausser Plin. u. Diosc. auch Galen. XI 829) war eine vielseitige; bei schwierigen Geburten wurde die übelabwehrende (vgl. Suid. Bötticher Baumkultus 195) Pflanze amuletartig gebraucht, Plin. Diosc. a. O. Vgl. Murr Die Pflanzenw. i. d. griech. Myth. 109; Die geogr. u. myth. Namen der altgriech. Welt in ihrer Verwertung für ant. Pflanzengeogr. II 20.
[Wagler.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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