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Ἀνάγλυφον[1] (z. B. Anth. Pal. III Überschr. Clem. Alex. Strom. V p. 657) oder ἀνάγλυπτον (z. B. Plin. n. h. XXXIII 139) oder ἀναγλυφή (Strab. XVII 806. Joseph. antiq. XII 64) ist ein Relief, ein erhabenes, aus einer Fläche herausgearbeitetes oder auf dieselbe aufgesetztes Kunstwerk aus Holz, Stein, Metall, Thon, Wachs, Gips, Stuck u. s.&w. Auch kommen die Namen τύπος (z. B. Herod. II 136. Eurip. Phoen. 1130. Polyb. IX 10. 12. Cic. ad Att. I 10, 3), was jedoch auch Rundsculpturen bedeutet, ἔκτυπον (z. B. Diod. XVIII 26. Seneca de benef. III 26, 1. Plin. n. h. XXXV 152) und πρόςτυπον (z. B. Athen. V 199 c. Joseph. antiq. III 137) dafür vor. Die Anfertigung nannte man ἀναγλύφειν (z. B. Galen IV 330, 3. Joseph. antiq. XII 79) im Gegensatz zu der vertieften Arbeit (διαγλύφειν, z. B. Diod. I 66. Aelian. v. h. XIV 7), den Verfertiger ἀναγλυφάριος [2023] (Schol. Iuven. 9, 145. Macar. hom. 16; s. Art. Anaglyptarius). Die dabei angewendete Technik war je nach der Beschaffenheit des Materials verschieden. Aus Holz und Elfenbein wurden die Reliefs geschnitzt, aus Stein gemeisselt und gebohrt, aus Metall getrieben oder gegossen und nachher ciseliert. Kam dagegen ein weiches Material zur Anwendung, so wurde das Relief in rohen Umrissen auf eine Fläche aufgesetzt (Plin. n. h. XXXV 151) und dann modelliert oder aus Formen gepresst. Daneben wurde namentlich für Thon und Stuck bei der feineren Ausführung ein starker Farbenüberzug verwendet; aber auch auf Holz- und Steinreliefs aller Kunstepochen sind sichere Farbspuren gefunden worden, und beim Metall erreichte man Farbenwirkung durch Ansätze aus Edelmetall (ἐμβλήματα), Vergoldung oder, aber nur selten, durch Legierung mit einem anderen Metall (Brunn Kstlgesch. I 397). Auch Verbindung von verschiedenartigem Material (z. B. Cedernholz, Gold und Elfenbein an der Kypseloslade) kam vor.
Eine früher weit verbreitete, aber jetzt mit Recht meist aufgegebene Einteilung der verschiedenen Reliefarten ist die nach der Höhe der ausgearbeiteten Figuren: in Hautreliefs (z. B. die Metopen des Parthenon) und Basreliefs (z. B. der Cellafries des Parthenon). Eine dritte Gattung, das Relief en creux (der Name κοιλανάγλυφον kommt im Altertum nicht vor), lässt sich bei den Griechen und Römern in grösseren Werken kaum nachweisen, ist aber desto häufiger in Ägypten zur Anwendung gekommen, und besteht darin, dass das Material, welches die nur wenig erhöhten Figuren umgiebt, nicht völlig abgearbeitet ist, sondern nur eine Furche um dieselben gezogen wird (s. z. B. L. v. Sybel Weltgeschichte der Kunst Fig. 35).
Auch zeitlich ist das antike Relief verschieden. Das griechische Steinrelief hat von seinen Anfängen an bis in die Blütezeit der Kunst nur eine Fläche und entsteht in der Weise, dass die Figuren in Umrissen auf die noch unbearbeitete Platte gezeichnet und dann durch Abmeisselung des Grundes herausgearbeitet werden (R. Schöne Griech. Reliefs 22). Man hat sich also der Grundfläche parallel eine obere Fläche zu denken, über welche auch bei der heftigsten Bewegung kein Teil der dargestellten Figuren hervorragen kann (Brunn Kstl.-Gesch. I 410f.). Eine Verteilung der Figuren auf zwei Flächen beginnt erst in der hellenistischen Zeit Regel zu werden, wo das malerische Element immer mehr in die Plastik eindringt (Th. Schreiber Arch. Ztg. XXXVIII 155f.; Die Wiener Brunnenreliefs aus Palazzo Grimani, Leipzig 1888 und Die hellenistischen Reliefbilder, Leipzig 1890). Daher wird auf den landschaftlichen Hintergrund grosse Sorgfalt verwendet und die Bildnisse eines Herrscherpaares werden in der Weise verbunden, dass hinter und neben dem Kopf des Königs in Hochrelief der seiner Gemahlin in geringerer Erhebung erscheint (Ancient marbles of the British Museum X Taf. XXXII, vgl. O. Rossbach Arch. Jahrb. VI Anz. 69). Dies ahmten dann die Römer in ihren Triumphreliefs nach, gingen aber teilweise noch weiter (A. Philippi Abh. d. sächs. Ges. d. Wiss. VI 264f.; Ann. d. Inst. 1876, 42f.). Die Reliefs vom Bogen des Kaisers Claudius [2024] enthalten noch eine doppelte Fläche, die vom Titus- und Traiansbogen jedoch schon mehrere, womit eine völlig malerische Perspective und kühne Verkürzungen Hand in Hand gehen. Seit der hellenistischen Zeit wird auch immer kostbareres Material für die Reliefs in Anwendung gebracht und es wird versucht, die Polychromie durch die Naturfarbe des Steines zu ersetzen. So werden auf Cameen die verschieden gefärbten Lagen des Onyx den einzelnen Teilen der Darstellung geschickt angepasst. Seit dem 4. und 3. Jhdt. v. Chr. kommt auch die Vorliebe für Geräte und Gefässe aus Edelmetall mit niedrigen Reliefs auf. Diese wurden nicht aus der massiven Gefässwand herausgearbeitet, sondern entweder besonders hergestellt und dann angenietet oder angelötet, oder – was häufiger vorkam – die Wand bestand aus zwei Platten, einer inneren stärkeren und einer äusseren sehr dünnen, aus welcher die mit dem sog. Treibekitt unterfüllten Reliefs getrieben waren (A. Michaelis Das corsinische Silbergefäss 3). Diese Metallarbeiten sind dann in Stein und Thon namentlich in römischer Zeit vielfach nachgeahmt worden (C. Robert im 50. Berliner Winckelmannsprogramm 1ff. F. Hauser Die neuattischen Reliefs 128f. 200). Vgl. Conze Sitz.-Ber. Akad. Berl. 1882 I 563ff. Tölken Über das Basrelief, Berlin 1815. Otfr. Müller Handb. der Archäologie³ 420f. W. Helbig Untersuch. üb. d. campan. Wandmalerei 47f.
[O. Rossbach.]
Anmerkungen (Wikisource)
transkribiert Anaglyphon
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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