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Anadyomene (Ἀναδυομένη), Beiname der Aphrodite von ihrem Emporsteigen aus dem Meere. Die Sage von ihrer Entstehung aus dem Meeresschaume war seit Hesiod Theog. 188ff. und dem Hom. Hymn. VI weit verbreitet (vgl. die Zeugnisse bei Stephani Compte-rendu pour 1870/71, 11ff.) und von Künstlern vielfach verwendet. So hatte Pheidias an der Basis des Zeusthrones von Olympia die Göttin dargestellt, wie sie von Eros empfangen, von Peitho bekränzt aus dem Meere aufstieg und in den Kreis der olympischen Götter aufgenommen ward, Paus. V 11, 8; die Gruppe des Eros und der Aphrodite veranschaulicht ein vergoldetes Silberplättchen des Louvre: de Witte Gaz. archéol. V 171 pl. 19, 2, ältere Reconstructionen bei Quatremère de Quincy Jup. Olymp. pl. XV. Gerhard Ges. akad. Abhandl. I 199 Taf. XVII; vgl. Brunn Bull. d. Inst. 1849, 74; Künstl.-Gesch. I 174. Welcker Ztschr. f. alt. K. 551. Petersen Pheidias 372ff. Stephani a. a. O. 46ff., [2020] dessen Vermutung über die Mittelgruppe mit Recht zurückgewiesen wird von Furtwängler Jahrb. f. Philol. 1875, 588 und Overbeck Plast. I 469. Noch berühmter war die Aphrodite A. des Apelles, jenes Bild, das von Augustus aus dem Asklepieion zu Kos nach Rom in den Tempel de Divus Iulius versetzt wurde und dort zu Neros Zeiten zu Grunde ging, Strab. XIV 657. Plin. XXXV 91; vgl. die Epigramme Anthol. Plan. IV 178–182. Auson. 106, sowie Cic. Verr. IV 135; de divin. I 23; orat. 5; de nat. deor. I 75; ad Attic. II 21, 4. Propert. IV 9, 11. Ovid. amor. I 14, 33; ars am. III 401; Trist. II 527; ex Pont. IV 1, 29. Lucil. iun. Aetn. 592; dagegen ist mit Unrecht auf das Bild bezogen Suet. Vesp. 18. ferner Petron. sat. 83 (s. Schreiber Arch. Ztg. XXXIII 108. v. Wilamowitz ebd. 169), sowie Straton Anth. Pal. XII 207 (s. Heydemann Herm. XI 124. v. Wilamowitz a. a. O. 168. Benndorf Athen. Mitt. I 56). Apelles hatte den Augenblick gewählt, da Aphrodite dem Meere entsteigend ihr langes Haar mit beiden Händen auspresst; nach Demokritos Anth. Plan. IV 180 scheint es, als ob ihr Unterkörper noch von den Fluten bedeckt war. Als Modell soll ihm nach der Legende Phryne (Athen. XIII 590f) oder Pankaspe (Plin. XXXV 87) gedient haben; vgl. Millin Mon. inéd. II 230ff. Stark Ber. d. sächs. Ges. XII 81. Wustmann Apelles Leben u. Werke 64ff. Bursian Ztschr. f. bild. Kunst V 378. Stephani a. a. O. 69ff. Schreiber a. a. O. 109. Benndorf a. a. O. 50; de anthol. gr. epigramm. 73. Kalkmann Arch. Jahrb. I 251ff. Furtwängler in Roschers Lex. I 417. Dass dies Gemälde nicht vereinzelt blieb, bezeugen Philostr. epist. XXXVI 2 p. 478 Hercher (vgl. X p. 470). Aristainet. ep. I 7 p. 139 Herch. Himer. orat. I 20. Anacreont. 55, sowie das spätrömische Wandbild bei Benndorf Athen. Mitt. I 64 Taf. II (nach Bartoli Rec. d. peintur. I T. 25). Dagegen lässt sich bei den zahlreichen Bildwerken, welche Aphrodite in ähnlicher Weise mit ihrem Haar beschäftigt zeigen (Stephani a. a. O. 79ff. zählt deren 154 auf; vgl. ausserdem Anth. Pal. XI 174. Ovid. ars am. III 223. Schreiber a. a. O. 111, 4. Benndorf a. a. O. 57, 1), weder erweisen, dass sie von Pheidias (Furtwängler a. a. O. 414. 417) oder Apelles beeinflusst sind, noch entscheiden, ob die Verfertiger an die A. oder an die häufig dargestellte Aphrodite im Bade gedacht haben. Eine andere Auffassung lässt die Göttin aus einer Muschel auftauchen, Plaut. Rud. 704. Fest. ep. p. 52 (vgl. Tibull III 3, 34), so auch die Terrakottagefässe bei Stephani a. a. O. Taf. I 3–4 (wiederholt Arch. Ztg. XXXIII Taf. 7) und 5. Mylonas Athen. Mitt. VII 380 Taf. XIII. Treu Arch. Ztg. XXXIII 39 Taf. 6, vgl. Jahn Ber. d. sächs. Ges. 1853, 16 und die von Stephani a. a. O. 66 genannte Gruppe. Auf der Basis des von Herodes Atticus nach dem Isthmos geweihten Poseidonbildes hob Thalassa, umgeben von Nereiden, die junge Göttin aus dem Meer empor (Paus. II 1, 8), auf Sarkophagen und anderen Bildwerken, die Stephani a. a. O. 127 zusammenstellt, thun Meerdaemonen ein gleiches.
So nahe es liegt, den Ausdruck A. auf diese oder jene Darstellung anzuwenden, muss doch betont werden, dass dies Beiwort von der Alten, soweit [2021] unsere Kenntnis reicht, einzig der Aphrodite des Apelles beigelegt wird. Die weitgehenden Hypothesen, welche Stephani a. a. O. 70 auf Artemidor. Oneirokr. II 37 aufbaut, werden hinfällig, wenn man mit Benndorf a. a. O. 60 die Worte Ἀφροδίτην ἰδεῖν ἀναδυομένην dahin versteht: ‚Aphrodite im Meeresgewoge auftauchen zu sehen, das bringt den Schiffern Unheil‘.
[Jessen.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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