3) Amicus populi Romani kann sowohl ein Staat als auch ein Einzelner sein. Der a. kann auch socius populi Romani sein oder werden, ist es aber nicht notwendig; wohl aber ist niemand socius p. R., der nicht sein a. wäre. Der Begriff des socius ist der engere und wird von dem weiteren des a. ganz umschlossen. Freundschaft wie Bündnis wird durch Vertrag begründet. Folge der Freundschaft ist der Friede; der Freund verübt nicht nur selbst keine Feindseligkeiten gegen den Freund, sondern erleichtert auch kein feindliches Unternehmen eines dritten gegen ihn. Zu positivem Waffenbeistand ist er aber nicht verpflichtet, wohl aber der socius, und darin geht der Begriff des socius über den des a. hinaus. Die amicitia gewährt Gastrecht, dem Gaste selbst und seinem Abgesandten; sie gewährt Rechtschutz und ermöglicht damit den Verkehr. Der socius hat diese Rechte natürlich ebenfalls, schon als a. Die von Polyb. III 22. 24 mitgeteilten römisch-karthagischen Verträge begründen Freundschaft, φιλία, zwischen Römern und Karthagern, aber noch keine συμμαχία. Die Eventualität des Abschlusses einer συμμαχία, zu der es am Ende doch nicht kam, fasst erst der angesichts der Pyrrhusgefahr geschlossene Vertrag bei Polyb. III 25 ins Auge. Seit etwa 306 v. Chr. bestand Freundschaft zwischen Rom und Rhodos, aber keine συμμαχία (Polyb. XXX 5, 6 und daraus Liv. XLV 25, 9), welche die Rhodier erst in den Bedrängnissen des Jahres 167 v. Chr. erbaten und schliesslich (Polyb. XXXI 7, 20) auch erlangten. Dies neue Verhältnis beschränkte sich nun auch nicht mehr auf das Verbot, ὅπλα μὴ φέρειν ἐπὶ ἀλλήλους, sondern forderte positive Hülfe, ἀλλήλοις συμμαχεῖν, Appian. b. c. IV 66. Beide Forderungen begegnen daher auch in dem zwar nicht mit Sicherheit in das Jahr 261 = 493 zu setzenden, wohl aber aus einem der Jahre 252 = 502, 261 = 493 oder 268 = 486 stammenden foedus des Sp. Cassius mit den Latinern bei Dionys. Hal. VI 95; es ist eben kein blosser Freundschaftsvertrag, sondern ein Bündnis. Wie mit Staaten, so wird Freundschaft auch mit einzelnen Personen geschlossen, am häufigsten mit Königen, aber auch mit Privaten. Der Stratege Timasitheos von Lipara rettet die römischen Gesandten, die ein Weihgeschenk aus der Veienterbeute nach Delphi bringen sollen, und erhält Gastrecht, δημόσιον κατάλυμα, hospitium (Diod. XIV 93, 3–5. Liv. V 28, 2–5; vgl. Plut. Cam. 8). Im J. 78 v. Chr. werden Asklepiades von Klazomenai, Polystratos von Karystos und Meniskos von Milet, die beim Ausbruche des italischen Krieges mit ihren Schiffen den Römern zu Hülfe gekommen waren, durch Senatsbeschluss zu Freunden ernannt (CIL I 203 = Kaibel IGI 951). Von dem Makedonier Onesimos berichtet Liv. XLIV 16, 7 wohl ungenau, er sei 169 v. Chr. in die formula sociorum eingetragen worden; es handelte sich in Wirklichkeit wohl nur um seine Aufnahme in die amicorum formula, τὸ τῶν φίλων διάταγμα (CIL I 203 Lat. 7. Gr. 24). Eine Lösung der Aufgabe, aus Schriftstellern und Inschriften die [1833] Reihe der amici p. R. in zeitlicher Folge vorzulegen und damit diese Formula in gewissem Sinne zu reconstruieren, steht in Aussicht. Ebensowenig wie das Bündnis (vgl. das foedus Cassianum) ist der Freundschaftsvertrag befristet; 188 v. Chr. wird die Freundschaft zwischen Antiochos von Syrien und den Römern εἰς ἅπαντα τὸν χρόνον abgeschlossen (Polyb. XXI 45, 1. Daraus ergiebt sich für den Freundschaftsvertrag mit Einzelnen die Erblichkeit, wie sie für Timasitheos durch Diodor, für Asklepiades und Genossen durch das SC bezeugt ist. Nur bei Königen ist die Vererbung ausgeschlossen, da die römische Anschauung eine Vererbung des Königtums nicht kennt. Der Freund geniesst Gastrecht und hat Anspruch auf locus und lautia, s. Onesimos und Asklepiades. Er hat das Recht, nicht nur selbst zu kommen, sondern auch Gesandte zu schicken. Für die Entwickelung des internationalen Verkehrs von der grössten Bedeutung ist die Verbürgung privatrechtlichen Schutzes, wie sie denn auch im foedus Cassianum, und den römisch-karthagischen Verträgen als eine Hauptsache begegnet. Mommsen Das röm. Gastrecht, Röm. Forschungen I 326ff.; Staatsr. III 1, 590ff. Bohn Qua condicione iuris reges socii populi Romani fuerint, Berolini 1876. Henze De civitatibus liberis, Berolini 1892, 6. Urkunden bei Viereck Sermo Graecus, Gottingae 1888.
[Neumann.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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