Amalasuntha, Tochter des Ostgothenkönigs Theoderich und der Audefleda, vermählt seit 515 mit Eutharich, von dem sie einen Sohn, Athalarich, und eine Tochter, Matesuentha, hatte. Eutharich war schon gestorben, als nach Theoderichs Tode Athalarich den Thron bestieg und A. die Regentschaft übernahm (526). Münzen von ihr fehlen und sie scheint sich erst nach dem Tode ihres Sohnes Königin genannt zu haben. Eine hochgebildete Frau, neigte sie den Römern zu, gab den Kindern des Boethius und Symmachus ihre Habe zurück, wehrte den Gothen ihre Gewaltthätigkeiten, suchte mit Kaiser und Kirche auf gutem Fusse zu bleiben und liess ihren Sohn auf römische Art erziehen. Dagegen regte sich [1716] aber die gothische Opposition, und A. wurde genötigt, ihren Sohn mit Gothen zu umgeben. Im Vandalenkriege unterstützte sie die Byzantiner durch Eröffnung der sicilischen Märkte und Pferdelieferungen. Als aber die Gothen Lilybaeum, das Theoderich einst seiner Schwester, der Vandalenkönigin Amalafrida, als Mitgift gegeben hatte, für sich beanspruchten und das Castell besetzten, und als gothische Scharen im Gepidenkriege die römische Stadt Gratiana plünderten, kam es zu Reibereien mit Byzanz. Indes war aber A. selbst in geheime Verhandlungen mit Iustinian getreten, da sie sich der Häupter der gothischen Opposition entledigt hatte und sich vom Kaiser für den Fall des Misslingens ihrer Pläne ein Asyl in Epidamnus hatte zusichern lassen. Die Sendung des Senators Alexander nach Italien zur Beilegung der Misshelligkeiten zwischen Byzanz und dem Gothenreiche ermöglichte die Fortsetzung der geheimen Beziehungen zwischen A. und dem Kaiser. A., nicht beliebt bei den Gothen und ohne Stütze bei dem kranken Athalarich, erklärte sich bereit, dem Kaiser ganz Italien zu überliefern. Als aber Athalarich nach achtjähriger Regierung starb (2. Oct. 534), erhob sie den Amaler Theodahad, den sie selbst vor kurzem wegen Schmälerung des königlichen und privaten Besitzes in Etrurien verurteilt hatte, zum Mitregenten und zeigte dies dem Kaiser und dem Senate an; jedoch musste Theodahad nach Procops Darstellung geloben, ihr die Macht zu lassen und sich mit dem Scheine zu begnügen. Wenn A. gedacht hatte, an ihm eine Stütze zu finden, so irrte sie; denn er setzte sich mit den Verwandten der von A. getöteten Gothen in Verbindung, liess die Männer aus A.s Anhang töten oder überwachen, verbannte A. selbst auf eine Insel des Bolsenersees (30. April 535), und liess sie (nach der unwahrscheinlichen Darstellung in der Geheimgeschichte Procops im Einvernehmen mit der Kaiserin Theodora) daselbst umbringen, noch bevor der Gesandte, der sie des kaiserlichen Schutzes versichern sollte, nach Italien gekommen war (535). Vgl. Jord. Get. 59. Proc. Goth. I 2–4; Vand. I 14. II 5; anecd. 16. Cassiod. Var. VIII. IX. X 1ff. XI 1. Agnell. 62; sagenhaft Greg. Tur. III 31. Litteratur: Manso Gesch. d. ostgoth. Reichs in Ital. 175ff. Dahn Kön. d. Germ. II 176ff.; Urgesch. d. germ. u. roman. Völker I 250ff. Gregorovius Gesch. d. St. Rom im M.-A. I⁴ 324ff. Hodgkin Italy and her invaders III (1885) 697–721. Gaudenzi sui rapporti tra l’Italia e l’imp. d’Or. fra gli a. 476–554, Bol. 1888, 74–97. Dazu Friedländer Münzen der Ostg., 1844, 36. Mommsen im N. Archiv XIV 506f.
[Hartmann.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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