2) Alica (auch alicum und alice Charis 32, 8; von Verrius Flaccus bei Fest. ep. p. 7, 17 von alere abgeleitet), wofür sich im späteren Griechisch auch ἄλιξ findet (Athen. XIV 647 d. Charis. a. O. und bei jüngern Ärzten), während ursprünglich dafür χόνδρος gesagt wurde, war eine mehr oder minder feine Grütze. Sie wurde aus Spelt, ζειά (Plin. XVIII 112. XXII 124. Diosc. II 118), Weizen (Galen. VI 496) oder, von den Indern, aus Gerste bereitet (Plin. XVIII 71). Das Verfahren dabei giebt Plinius an. Die von den Hülsen schwer zu trennenden Speltkörner wurden in einem hölzernen Mörser durch Stampfen mit einer Keule von jenen befreit, enthäutet und zerstossen, wobei man drei mehr oder minder feine Sorten erhielt. Der Weisse und Feinheit wegen wurde die Kreide vom leukogaeischen Hügel zwischen Puteoli und Neapel dazugemischt (XVIII 112–114). Eine verfälschte Grütze, a. adulterina, wurde in Africa, wo der Spelt nicht so gut gedieh, dadurch hergestellt, dass man beim Stampfen Sand zu den Körnern mischte, dann den vierten Teil Gips darüber streute und die Masse dreimal durchsiebte. Die gröbste Sorte, welche im ersten Siebe zurückblieb, hiess excepticia; was durchfiel, wurde abermals mit einem feineren Siebe gesichtet, wodurch man die secundaria gewann; was endlich im engsten und dritten Siebe, das nur den Sand durchliess, zurückblieb, hiess cribraria (ib. 115). Ähnlich war das von den Geoponikern (III 7) angegebene Verfahren, nur dass man die Speltkörner während der wiederholten Enthülsung in siedendes Wasser that und ausser Sand auch Gips zusetzte. Die beste A. wurde von dem Spelt der campi Laborini, der jetzigen Terra di Lavoro, gewonnen (Plin. III 60; vgl. XVIII 109). Irrtümlich behauptet Plinius (XXII 128), dass sie erst zur Zeit des Pompeius und zwar bei den Römern in Gebrauch gekommen sei. Vielmehr finden wir schon von Aristophanes (vesp. 738 und bei Athen. III 127 c) ein daraus bereitetes schleimiges Getränk erwähnt. Bei Cato bildete die prima den Bestandteil einer Art von Schichtkuchen (de agr. 76, 1), die gewöhnliche den eines Kugelkuchens (79) und des Punischen Breis (85), ebenso bei den Griechen den Bestandteil eines Kuchens (Athen. XIV 647 d). In Picenum buk man Brot daraus (Plin. XVIII 106); überhaupt bildete sie eine sehr gewöhnliche Speise, selbst die der Unbemittelten (Mart. XII 81), mehr aber wohl der Reichen (Sen. ep. 122, 16. Mart. II 37, 6), wie wir denn bei Apicius (208) das Recept für ein mit den verschiedensten Ingredienzien gewürztes Alicamus finden. Ferner diente sie zum Einmachen der Früchte des africanischen Zürgelbaumes, Celtis australis L. (Plin. XIII 106). Vielfach wurde sie, weil sehr nahrhaft (Pseudo-Hippocr. I 676. II 415 K.), von den Ärzten gebraucht. So [1479] diente sie als ein Mittel, den Schleim der Schleimhäute zu verdicken (Cels. II 23), als magenstärkendes und adstringierendes Mittel (Diosc. II 118) und gegen Seitenstechen (Galen. XV 507); bei Samenfluss war ihr Genuss aber zu vermeiden (Cels. IV 28). Gewässert oder mit Wassermet durchtränkt ist sie dem Magen zuträglich (Cels. II 24. Plin. XXII 110) und eine gute Speise nach Fieberanfällen (Cels. III 6. IV 11); auch, in Milch gekocht, bei Leibschneiden (Hippocr. II 94 K.). Ein daraus bereitetes schleimiges Getränk wird als diätetisches Heilmittel in allen Krankheiten empfohlen (Pseudo-Hipp. II 412 K.), besonders nach Fieberanfällen (Cels. III 22. Galen. X 674. 726) und bei Lungenleiden (Cels. IV 14) und Magenleiden (ib. III 7), oder wenn der Magen durch andere Krankheiten geschwächt ist (Galen X 827; vgl. 548), oder bei Leibschneiden und übermässiger Gallenproduction gesunder Menschen (ib. VI 497). In Form eines Breis wirkt sie adstringierend (Cels. II 30). Gleichgültig in welcher dieser Formen genommen, sie leistet immer gute Dienste, besonders aber, wenn sie in Wasser abgedämpft und dann mit Milch und Honig gemischt ist (Plin. XXII 128. 129). Klystiere eines Decocts davon werden bei Erbrechen der Magenkranken (Cels. III 19) und bei Durchfall (Diosc. II 118) empfohlen, ein Decoct davon in Essig gegen Aussatz und Thränenfisteln (ib.), Wegerich mit Alicaschleim gegen Magenleiden (Plin. XXVI 32) und Durchfall (ib. 44), Ziegentalg in Alicabrei gegen Husten und Schwindsucht (ib. XXVIII 231), Honigwaben in gedörrtem Alicabrei gegen Durchfall (Plin. XXII 116). Galen, der im allgemeinen der Gerstengraupe, πτισάνη, den Vorzug vor der Weizengrütze giebt, da diese bei ihrer zähen Beschaffenheit (VI 496. XV 459) auch zähes Blut mache (XI 373), hält dagegen ein Decoct von ihr für schädlich bei Stockungen in der Leber und bei Steinbildung (VI 496) oder Entzündung der Leber (X 906. 907).
[Olck.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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