.
9) Dichter der mittleren Komödie, nach Suidas aus Thurioi stammend, brachte den grössten Teil seines Lebens in Athen zu; ob als Metoeke oder Bürger, bleibt zweifelhaft. Sein Bürgertum wäre sicher, wenn Suidas ihn mit Recht πάτρως Μενάνδρου nennte: als Bruder des Diopeithes, Vaters des Menander, hätte er dem Demos Kephisia angehört. Die Behauptung ist aber wohl nur ein anderer Ausdruck für das vom Anonymus περὶ κωμῳδίας (p. XV Duebn.) erwähnte Verhältnis (Μένανδρος συνδιατρίψας τὰ πολλὰ Ἀλέξιδι ὑπὸ τούτου δοκεῖ παιδευθῆναι) und beruht auf blosser Combination. Sicher ein Irrtum ist, wenn Suidas dem A. einen Sohn Stephanos giebt, der gleichfalls Komiker gewesen sei: das ist Verwechslung mit Antiphanes. Die bei Steph. Byz. s. Οἶον citierte Inschrift Ἄλεξις Ἀλέξιδος ἐξ Οἴου [Λεωντίς] hat mit dem Dichter nichts zu thun. Für die Berechnung der Lebenszeit des A. giebt die Bewältigung der Thurier durch die Lucaner (390, vgl. Diod. XIV 101) keinen Anhalt, da die Stadt nicht zerstört wurde. Bei Lebzeiten Platons († 347) ist der Ἀγκυλίων geschrieben (fr. 1). Der Ἀποβάτης braucht nicht älter zu sein, da von den beiden fr. 19 erwähnten Dichtern der eine, Choronikos (= Telenikos, Athen. XIV 638 c mit meiner Anm.), ins 5. Jhdt. gehört, also auch der andere, Argas, nicht mehr notwendig zu den lebenden Berühmtheiten gerechnet werden muss. Alle übrigen Anspielungen in den Fragmenten deuten auf jüngere Zeit, auf weit jüngere die Geschwisterehe des Ptolemaios und der Arsinoe (etwa 271–270 geschlossen) im Ὑποβολιμαῖος. Man hat dies Stück oder doch die Verse (fr. 244) dem A. abgesprochen (Droysen Hellen.² III 268A. Bergk Litt.-Gesch. IV 152); wenn aber A. wirklich über 100 Jahre gelebt hat (Plut. de def. orac. 20 διπλάσιον τοῦ Μητροδώρου, der 53 Jahre alt wurde, vgl. Usener Epicur. 412), so ist die Echtheit des Stückes nicht ausgeschlossen; möglich aber, dass des Dichters hohes Alter erst aus diesen Versen erschlossen ist. Die Anekdote (Plut. an seni resp. ger. 3), Philemon und Alexis habe der Tod überrascht ἐπὶ τῆς σκηνῆς ἀγωνιζομένους καὶ στεφανουμένους, verträgt keine scharfe Interpretation. A. kann 372 geboren und 270 gestorben sein. Die Zahl seiner Dramen giebt [1469] Suidas auf 245 an, von denen wir etwa 130 dem Titel nach kennen. Nur den Ἀσωτοδιδάσκαλος, den Athenaeus (VIII 336 d) weder gelesen noch in den Bibliotheksverzeichnissen gefunden hat, dürfen wir als unecht bezeichnen (Hermes XXIV 43 A.). Einzelne Stücke sind Neubearbeitungen älterer, so die Ἄντεια (die Ἄντεια des Antiphanes, sagt Athen. III 127 b, φέρεται καὶ ὡς Ἀλέξιδος ἐν ὀλίγοις σφόδρα διαλλάττον), und die Ἀλείπτρια (ebenfalls von Antiphanes, φέρεται καὶ ὡς Ἀλέξιδος Athen. III 123 b); auch vom Ὕπνος standen vier Verse (fr. 241) gleichlautend im Ὕπνος des Antiphanes. Die Ὁμοία wurde sowohl dem A. wie dem Antidotos (ungewiss ob älterem oder jüngerem Zeitgenossen) zugeschrieben, dagegen der Πρωτόχορος des A. braucht mit dem des Antidotos nicht identisch zu sein. Datierbar, meist nur annähernd, sind wenige Stücke. Ungefähr gleichzeitig mit der Timarchea des Aischines (345) war die Ἀγωνὶς ἢ Ἱππίσκος: Misgolas Neigung für schöne Kitharoeden wird erst durch jene Rede öffentliches Interesse bekommen haben. Auf die Verhandlungen wegen Halonnesos (342) deutet das Wortspiel mit διδόναι und ἀποδιδόναι (fr. 7) in den Ἀδελφοί und in dem Στρατιώτης (fr. 209). Die neueingebürgerten Söhne des Chairephilos, die auf Demosthenes Antrag Athener wurden, weisen auf die Zeit vor 323 (vgl. Deinarch I 43). Im Ἱππεύς (fr. 94) wird die Philosophenverfolgung unter Demetrios von Phaleron gepriesen (um 316). In der Κράτεια ἢ Φαρμακοπώλης wird auf König Antigonos, den jungen Demetrios und auf die Φίλα Ἀφροδίτη getrunken (fr. 111), wo Phila, da sie an dritter Stelle genannt ist, nicht Königin sein kann, also Demetrios Gemahlin sein muss, die kurz vor 306 starb. Seine Vermutungen über die Zeit des Φαῖδρος hat Bergk später selbst aufgegeben (epist. ad Schill. 133; Litt.-G. IV 153, 109). Über den Inhalt der Stücke geben die wenig umfangreichen Bruchstücke keine Auskunft: nur in der Κράτεια ἢ Φαρμακοπώλης hat wohl, wie Titel und Bruchstücke lehren, die Verspottung des Kabirendienstes mit Orpheus als Wunderdoctor einen ziemlich breiten Raum eingenommen (Hermes XXV 98). Unter den Titeln fällt die grosse Zahl von Frauencharakteren auf, teils nach der Heimat bezeichnet (Ἀτθίς, Ἀχαιίς, Βρεττία, Ἑλληνίς, Κνιδία, Λευκαδία, Λημνία, Μιλησία, Ὀλυνθία), teils nach der Beschäftigung (Ἀλειπτρία, Κουρίς, Μανδραγοριζομένη, Ὀρχηστρίς, Ποιήτρια, Τίτθη), teils nach Beruf, Lebenslage, Erlebnissen, Neigungen (Διαπλέουσαι, Ἡ εἰς τὸ φρέαρ, Ἐπίκληρος, Ὁμοία, Παλλακή, Πονηρά, Πυθαγορίζουσα, Φιλοῦσα). Daneben Frauennamen, Hetären meist, wie Ἀγωνίς, Γαλάτεια, Δορκὶς ἢ Ποππύζουσα (woraus Ῥόδιον ἢ Ποππύζουσα bei Ath. IX 395b corrumpiert ist), Ἰσοστάσιον, Μεροπίς, Παμφίλη, Πεζονίκη, Πολύκλεια, Χορηγίς. Eine sehr anschauliche Schilderung des Hetärenlebens und ihrer Verführungskünste aus dem Ἰσοστάσιον (fr. 98). Manche Titel hat A. mit der neuen Komödie gemein (Συναποθνῄσκοντες, Συντρέχοντες u. a.), wie er denn gewiss später, wenn er mit Menander concurrieren wollte, zur eigentlichen Charakterkomödie übergehen musste. Aber in der Hauptsache hat er wohl mehr Charaktertypen als individuelle Charaktere geschildert, wie den Ἀμπελουργός, Ἐκπωματοποιός, [1470] Ἐπίτροπος, Θητεύοντες, Ἱππεύς, Θράσων (?), Κιθαρῳδός, Κυβερνήτης, Κυβευταί, Μάντεις, Μυλωθρός, Παγκρατιαστής, Παράσιτος, Ποιηταί, Στρατιώτης, Τοκιστὴς ἢ Καταψευδόμενος, Φυγάς u. a., obwohl diese Titel zum Teil auch andere Deutung vertragen. Der Parasit vor allem soll von A. zuerst auf die Bühne gebracht worden sein (εὑρεθῆναι sagt Karystios der Pergamener ἐν τῷ περὶ Διδασκαλιῶν bei Athen. VI 235 e), womit vielleicht gemeint ist, dass der Παράσιτος des A. das älteste Stück dieses Titels sei (Kock II 363). Die Figur selbst hatte schon Epicharm meisterhaft gezeichnet (bei Athen. a. O.), und A. kann sie von ihm entlehnt haben, um so mehr, da A. (wohl vermöge seiner italiotischen Heimat) eine grosse Vertrautheit mit Epicharm zeigt (vgl. fr. 156 und die unten anzuführenden Komödientitel). Freilich war Epicharm den Komikern auch im 5. Jhdt. schon wohl bekannt (Hermes XXIV 54 A.), aber bei A. finden sich auch sonst heimatliche Einwirkungen, so die Figuren der Βρεττία und des Συρακόσιος, vielleicht auch die Schilderung des Pythagoreerlebens in den Ταραντῖνοι (vgl. auch fr. 24). Verhältnismässig selten sind bei A. mythologische Komödien, d. h. Mythentravestien, nicht Parodien des Euripides oder anderer Tragiker. Belehrend ist Aristoteles poet. c. 13 a. E. In der Komödie, sagt er, οἳ ἂν ἔχθιστοι ὦσιν ἐν τῷ μύθῳ, οἷον Ὀρέστης καὶ Αἴγιστος, φίλοι γενόμενοι ἐπὶ τελευτῆς ἐξέρχονται καὶ ἀποθνήσκει οὐδεὶς ὑπ’ οὐδενός, was Meineke vielleicht richtig auf den Ὀρέστης des A. bezogen hat. Sonst sind aus dieser Gattung zu nennen Τυνδάρεως, Τροφώνιος, Σκίρων (ein Σκίρων auch von Epicharm), Λίνος (bei dem Herakles Musik- und Litteraturstunde nimmt und sich, wie bei Epicharm, als βούλιμος ausweist), Ἡσιόνη, Ἑπτὰ ἐπὶ Θήβαις, Ἀταλάντη (eine Ἀταλάντη auch von Epicharm), Ὀδυσσεὺς ἀπονιζόμενος und ein Ὀδ. ὑφαίνων (beide erinnern an Epicharms Ὀδ. ναυαγός und Ὀδ. αὐτόμολος), endlich eine dreifache Behandlung des Helenamythos in Ἑλένη, Ἑλένης ἁρπαγή, Ἑλένης μνηστῆρες, womit man vergleichen muss, dass von Sophokles eine Ἑλένη, Ἑλένης ἁρπαγή, Ἑλένης ἀπαίτησις, Ἑλένης γάμος (Satyrdrama) citiert werden. Es ist nicht zu leugnen, dass diese Gattung bei A. schon zurücktritt, ebenso wie das παρατραγῳδεῖν, d. h. die parodische Nachahmung der Tragödiensprache, die bei Antiphanes und Eubulos so reichlich, bei A. nur spärlich erscheint, sicher fr. 236 ὁ Μοσχίων ὁ παραμασήτης ἐν βροτοῖς αὐδώμενος, vielleicht auch fr. 2 αἴθων ἀνήρ vgl. mit Soph. Ai. 222. Auch hierin ist die Loslösung vom Stil der μέση erkennbar. Die persönlichen Interessen und Überzeugungen des Dichters dürfen wir nicht hoffen aus dramatischen Bruchstücken zu ergründen; selbst Stil und Sprache stehen zum Teil unter dem Banne des Conventionellen. Dass sich in die Sprache des A. manche unattische Worte und Wortformen eingeschlichen haben, ist in der Zeit und im Wesen der Komödie begründet. Vgl. Meineke com. I 378. über die Wertschätzung, die A. bei der Mit- oder Nachwelt gefunden, sind wir nicht unterrichtet; wenn Athenaeus ihn, wie den Aristophanes und Antiphanes, häufig ὁ χαρίεις nennt, so ist das kein Kunsturteil. A. würde aber kaum eine so reiche Thätigkeit entfaltet [1471] haben, wenn ihn der Erfolg nicht ermutigt hätte. Im Verzeichnis der dionysischen Siege (CIA II 977f.) ist neben seinem Namen die Zahl verstümmelt: es waren mehr als zwei, weniger als fünf Siege. An den Lenaeen mag er häufiger gesiegt haben. Bei den Römern ist A. bekannt und beliebt gewesen. Gell. II 23, 1: comoedias lectitamus nostrorum poetarum sumptas ac versas de Graecis, Menandro aut Posidippo aut Apollodoro aut Alexide et quibusdam item aliis comicis. Bei Plautus finden sich genaue Anklänge an A. (fr. 90 und fr. 30, vgl. aber auch Philemon fr. 37); drei Komödien des Caecilius sind mit Dramen des A. titelgleich (Exsul = Φυγάς, Epistula, Syracusii); Turpilius fr. 5 scheint wörtliche Übersetzung von A. fr. 46. Vgl. Meineke com. I 374ff. Bergk Litt.-Gesch. IV 150ff. Die Fragmente bei Meineke III 382 und Kock II 297.
[Kaibel.]
Nachträge und Berichtigungen
Supplementband I (1903)
[56] [WS: Der Nachtrag von Edward Capps († 1950) ist aus urheberrechtlichen Gründen noch nicht enthalten.]
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