ART

2) Aleos (gewöhnlich Ἄλεος, als Oxytonon nur bei Ap. Rh. I 163. Schol. A zu Il. II 603. Apd. I 2, 16. II 7, 4 [dagegen III 9, 1 Ἄλεος] u. Steph. Byz. s. Ἀλέα; die Form Ἄλεως erscheint bei Alkidamas in Orat. Att. II 157 Baiter und Diod. IV 33 [dagegen IV 68 Ἄλεος]) ist ursprünglich wohl eine Gestalt aus dem Kultkreise der im östlichen Arkadien (Alea, Mantineia, Tegea Paus. VIII 23, 1. 9, 6. 45, 4) verehrten Athena Alea (Welcker Gr. G.-L. I 309. Preller Gr. Myth.⁴ I 196). Als Heros ist er a) Eponym und Oikist von Alea (Paus. VIII 23, 1. Steph. Byz. s. Ἀλέα), b) Gaufürst der Tegeatis. Doch ist bemerkenswert, dass von den neun alten tegeatischen Demen (Paus. VIII 45, 1) keiner nach ihm benannt ist. Er galt als Gründer der Stadt Tegea (Paus. VIII 45, 1), wo auch seine οἰκία gezeigt wurde (ib. 53, 10). Das altberühmte (Herod. I 66. IX 70) Heiligtum der Athena Alea in Tegea war seine Gründung (Paus. VIII 4, 8. 45, 4), und damit fiel seiner Tochter Auge das Priestertum dieser Göttin zu (Apd. III 9, 12). In der jungen Liste bei Paus. VIII 4 u. 5 ist A. König von Gesamtarkadien und zwar als Nachfolger seines Vetters Aipytos.

Genealogisches: A. Ist durchgehend Enkel des Arkas, im übrigen schwankt die Überlieferung. Als sein Vater gilt für gewöhnlich Apheidas, der Eponym des tegeatischen Demos Apheidantes, nach welchem auch die ganze Tegeatis von Dichtern (so Ap. Rh. I 162) Ἀφειδάντειος κλῆρος genannt wurde (Apd. III 9, 1. Schol. Ap. Rh. I 162. Paus. VIII 4, 3). Statt dieses in der Tegeatis offenbar alteingesessenen Heros heisst der Vater des A. dagegen Amphidamas im Schol. A zu Il. I 603 (dieser Name kehrt wieder in einem Sohn des A. [s. u.], im Vater des westarkadischen Ereuthalion [Ariaith. frg. 2 Müller], endlich Lykurgos, sonst Sohn des A., wäre nach Schol. BL zu Il. I 609 Sohn des Amphidamas, wenn hier nicht ein Irrtum vorliegt [s. u.]). Neaira, die Frau des A., ist nach Apd. III 9, 1 Tochter des Pereus, nach Hyg. fab. 243 dagegen des Autolykos (Paus. VIII 4, 6 ist Neaira Tochter des Pereus und Frau des Autolykos; die Gattin des A. wird bei ihm vermisst).

Die Aleaden: Drei Söhne (Lykurgos, Kepheus, Amphidamas) bei Ap. Rh. I 161ff. u. Paus. VIII 4, 4, zwei (Lykurgos und Kepheus) bei Apd. III 9, 1f. (der Aleade Ankaios im Schol. A zu Il. I 603 beruht wohl nur auf einem Irrtum; man [1366] vgl. das Schol. BL zu Il. I 609, wo an Stelle des A. Lykurgos eingesetzt ist; ich vermute, dass beide Scholien corrupt und zu folgendem Stammbaum herzustellen sind: Arkas-Amphidamas-Aleos-Lykurgos-Ankaios-Agapenor). Lykurgos ist nach Apollonios und Pausanias zwar ältester Sohn des A., daher seine Enkelin Atalante auf dem Parthenion (Ael. v. h. XIII 1), sein Enkel Botachos in der Tegeatis (Steph. Byz s. Βωταχίδαι vgl. Paus. VIII 45, 1 den Demos Πωταχίδαι) localisiert sind. Doch ursprünglich scheint Lykurgos der westarkadischen Sage (Triphylien) anzugehören, wo Lepreon sein Grab besass (Paus. V 5, 5), sein treuer Knappe und Erbe Ereuthalion (Il. VII 134ff.) mit den Pyliern kämpft. Auch Iasos, Lykurgos Sohn, weist durch Verbindung mit Klymene, der Tochter des Minyas (Apd. III 9, 2), nach Triphylien. Eine eigenartige Überlieferung von den Aleaden erscheint in Verbindung mit der Telephossage. Nach Alkidamas (Orat. Att. II 157 Bait.) hatte A. zu Delphi das Orakel erhalten, ὅτι αὐτῷ ἔκγονος ἐκ τῆς θυγατρὸς (Auge) εἰ γένοιτο, ὑπὸ τούτου δεῖ τοὺς υἱοὺς αὐτοῦ ἀπολέσθαι. Alkidamas berichtet kurz die Erfüllung dieses Orakels, ohne die von Telephos erschlagenen Oheime zu nennen. In den Fragmenten der denselben Stoff behandelnden ‚Aleaden‘ des Sophokles (fr. 98–112 Dind.) sind ihre Namen ebenfalls nicht überliefert. Hyg. fab. 243 bietet den unter den Aleaden sonst ganz fremden Namen Hippothous. Derselbe kehrt fab. 244 nebst einem durch Textverderbnis verloren gegangenen Bruder wieder (zu beiden Stellen vgl. Robert Arch. Jahrb. III 61). Die bedeutendsten Gestalten im Aleoskreise sind die Tochter Auge und ihr mit Herakles erzeugter Sohn Telephos, beide von Haus aus offenbar arkadische Gottheiten, als Heroen der Sage von Tegea und Teuthrania gemeinsam (vgl. Thrämer Pergamos 369–405). Eine zweite Tochter, Alkidike, verbindet den Kreis des A. mit der aeolischen Heroensage als Frau des Salmoneus und Mutter der Tyro (Diod. IV 68). Endlich ist A. durch seine Schwester Stheneboia, die Gattin des Proitos (Apd. III 9, 1), mit der argivischen Sage verknüpft. Den Kopf des A. zeigen Erzmünzen von Tegea (Mionnet II 256, 72. 73). Über seinen Anteil an den Scenen des pergamenischen Telephosfrieses vgl. Robert Arch. Jahrb. II 244. III 59.

Der von Pape-Benseler und Roscher (Mythol. Lex. I 227) aufgestellte ‚thebanische‘ (müsste wenigstens heissen ‚haliartische‘ Heros A. hat keine reale Unterlage. Denn bei Plut. de gen. Socr. 5, wo wegen erfolgter Grabesstörung Spenden an Alkmene und A. vorgeschrieben werden, ist der zur Darbringung berufene durchaus im Unklaren, wer unter dem A. des Orakels zu verstehen sei (ἀγνοῶν τὸν Ἄλεον ὅστις ἦν). Aus Plut. Lysand. 28 erkennt man, dass Rhadamanthys hinter dem problematischen Namen versteckt ist. Diesen verehrten die Haliartier als zweiten Gemahl der Alkmene καὶ τὸν τάφον αὐτοῦ δεικνύουσι Ἀλεᾶ καλοῦντες.
[Thraemer.]

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