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2) Der von Platon zum Zweck gemeinsamer Forschung und Lehre gestiftete Verein. Es war dies eine mit Eigentum ausgestattete Genossenschaft, die rechtlich als Kultgenossenschaft, als religiöse Innung, als Thiasos zu Verehrung der Musen aufzufassen ist. Ein Museion – wie es zu jedem διδασκαλεῖον unerlässlich gehörte, Aischin. I 10 – hatte Platon selbst, nach gewöhnlicher Annahme in dem gleich zu nennenden Garten nahe dem Heiligtum des Hekademos, nach Usener noch auf dem Boden des letztem, gestiftet (dies scheint Olympiod. v. Plat. 6 ausdrücklich zu besagen; der anonyme Βίος Πλάτωνος 4, der ihn meist nur ausschreibt, kann wohl nicht dagegen angeführt werden; er verstand eben unter dem γυμνάσιον das διδασκαλεῖον; vgl. Diog. Laert. IV 1. 19). In diesem Museion stellte Speusipp die Bilder der Chariten (Diog. IV 1. Ind. Herc. 6), der Perser Mithridates das von Silanion gearbeitete Standbild Platons auf (Diog. III 25); Platon selbst wurde später von der Genossenschaft (gleichsam als ἥρως κτίστης?) gefeiert und der 7. Thargelion als sein Geburtstag begangen. Das Stiftungsvermögen bestand ursprünglich nur in jenem von Platon nach der Rückkehr von der ersten sicilischen Reise in der Kephisos-Niederung unmittelbar beim Hekademosheiligtum angekauften und für diesen Zweck bestimmten Garten (Diog. III 20. Plut. exil. 10. Appulei. de dogm. Plat. 4 in.). In diesem nahm Platon, obgleich er auch sonst begütert war, seine Wohnung (Cic. de fin. V 2) und fand auch wohl dort seine Grabstätte (Diog. 41 sagt: in der Akademie, Paus. I 30, 3: unweit der Akademie, was jedenfalls so zu vereinigen ist, dass Diogenes die Akademie im weiteren Sinne versteht, ebenso wie nach § 20 und Suid. s. Πλάτων der Garten selbst ἐν Ἀκαδημίᾳ lag und Plutarch geradezu den Garten die Akademie nennt; vgl. Wachsmuth Stadt Athen I 270ff. 590f.). Desgleichen wohnten Xenokrates, Polemon und Arkesilaos in dem Garten (Plut. l. c. Diog. IV 6. 19. 39); der reiche Speusippos zog wohl vor, sein Privathaus (in der Stadt) zu bewohnen (von wo er sich während seiner Krankheit zur Akademie fahren liess Diog. IV 3). Dass auch die von Diog. Laert. IV 19 (vgl. Ind. Herc. 14 und Bücheler z. d. St.) in Verbindung mit dem Museion erwähnte ἐξέδρα nicht im Garten, sondern beim Gymnasion (bezw. dem diesem unmittelbar benachbarten Museion?) war, folglich auch die Lehrvorträge dauernd dort (nicht im Garten) gehalten wurden, folgert Zeller jedenfalls richtig aus Cic. de fin. V 2 (cuius [scil. Polemonis] ipsa illa sessio fuit quam videmus; vgl. ebendort 4 tamen ego illa moneor exhedra, modo enim fuit Carneadis, mit Diog. IV 63). Zwar nach Alex. Polyh. bei Diog. III 5 hätte Platon sich später aus der Akademie (hier ist offenbar das Gymnasion gemeint) in den Garten zurückgezogen; doch wird das mit der bei Aelian [1135] (v. h. III 19) überlieferten Fabel von der Verdrängung Platons aus der Akademie durch Aristoteles zusammenhängen (über die Zeller Ph. d. Gr. II b³ 15ff.); gerade Aelian setzt aber voraus, dass sonst – nach wie vor jenem Zwischenfall – die Schule ausserhalb des Gartens ihren Sitz hatte (der Ort wird bezeichnet als ὁ ἔξω περίπατος im Gegensatz zu ἐν τῷ κήπῳ τῷ ἑαυτοῦ, nachher τὸ σύνηθες χωρίον). Ebenso kennen Olympiodor (l. c.) und Diogenes (III 7) als Sitz der Schule nur die Akademie (das Gymnasion) selbst; auch der gleichzeitige Komiker Epikrates bei Athen. II 59 d lässt Platon ἐν γυμνασίοις Ἀκαδημείας lehren. Unter dem Scholarchat des Lakydes wurde durch König Attalos der Garten (der alte? oder ein neuer, von ihm erst geschenkter? mit Baulichkeiten?) neu ausgestattet und führte seitdem den Namen Lakydeion. Auch die Schule wurde, unter Lakydes wenigstens, dort gehalten (Diog. IV 60); ob auch später, wissen wir nicht. Karneades jedenfalls soll in der Akademie gelehrt haben (s. o.). Kleitomachos zwar hielt (nach Ind. Herc. 24. 25. 30, wozu Bücheler) die Schule eine Zeit lang im Palladion (vgl. Plut. exil. 14); aber gleichzeitig lehrten Karneades und seine nächsten Nachfolger in der Akademie, in welche einige Jahre später auch Kleitomachos zurückkehrte. Später hört man Klagen über die Ungesundheit der Akademie (Ael. IX 10. Porh. de abst. I 36 u. a.), was wohl richtig von Zumpt und v. Wilamowitz so gedeutet wird, dass, zum Teil schon seit der Verwüstung der Vorstädte durch Philippos IV. im J. 200 (Liv. XXXI 24), namentlich aber seit der Belagerung durch Sulla (Plut. Sulla 12), die Kephisosniederung verödet und ungesund geworden war und dann, was für die spätere Zeit zutraf, auf Platon zurückdatiert wurde; von Anfang an kann die Akademie wohl nicht ungesund gewesen sein. Daher wurde denn die Schule später nicht mehr in der Akademie, sondern in einem städtischen Gymnasion (unter Antiochos im Ptolemaion, Cic. de fin. V 1) gehalten. Die Stiftung erhielt sich übrigens unversehrt auch in Zeiten, wo die Schule selbst nur ein kümmerliches Dasein fristete; sie wuchs sogar im Laufe der Jahrhunderte durch Vermächtnisse so beträchtlich an, dass zu Proklos Zeit die Gesamteinkünfte sich auf 1000 Goldstücke und darüber beliefen, während der alte Garten deren nur 3 abwarf (Damasc. v. Isid. 158 und Suid. s. Πλάτων). Erst nach dem endgültigen Siege des Christentums wurde die Schule durch Kaiser Iustinian im J. 529 aufgehoben und dabei wohl das Stiftungsvermögen, wie alles heidnische Sacralgut, eingezogen.

Was die Organisation der A. betrifft, so stand sie unter Oberleitung des jedesmaligen Schulführers (σχολαρχεῖν). Dieser wurde (in der Regel wohl nach Vorschlag seitens des Amtsvorgängers) von der Gesamtheit der Genossen gewählt. So ist es in zwei Fällen, nach dem Tode des Speusippos (Ind. Herc. 6. 7) und nach dem des Krates (ebenda 18, vgl. Diog. IV 32) bezeugt und daher wohl überhaupt anzunehmen; Diog. IV 3. 60 sprechen nicht dagegen. Es gab ausserdem besondere Ämter für die Anordnung der Opfer und der anschliessenden Festmahlzeiten und Gelage, [1136] Syssitien (Athen. I 4 e. X 419 c. XII 547 d. f.; vgl. Plut. de sanit. 9; qu. conv. VI prooem. Ael. v. h. II 18), sowie schriftlich abgefasste ‚Trinkgesetze‘, die wohl zugleich auf die ganze äussere Ordnung der Gesellschaft sich erstreckten (Athen. I 3 f. V 186 b. Diog. V 4; vgl. Platons eigene Bestimmungen in den Gesetzen I 689d ff. 671 c und dazu Arist. Pol. II 12 p. 1274 b 11. Diog. III 39. Bergk Fünf Abh. 66ff.). So hören wir, dass alle 30 Tage aus den Schulgenossen einer zum ἄρχων bestellt wurde; ein ἱεροποιός und ein Μουσῶν (Kaibel nach U. Köhler Μουσείων) ἐπιμελητής ist für den der A. sehr ähnlich organisierten Peripatos bei Athen. XII 547 f. 548 a bezeugt (vgl. das Testament des Theophrast Diog. V 51ff.). Übrigens lehrte in der A. nicht allem der jedesmalige Schulführer, neben ihm waren vielmehr die gereifteren Mitglieder selbständig als Lehrer und Forscher thätig. Ebenso ist es eine falsche Vorstellung, dass es in der A. nur das zu lernen gegeben hätte, was wir platonische Philosophie nennen. Höchst bedeutende mathematische und astronomische Forschungen gingen unmittelbar aus der Schule Platons hervor; aber auch zu den umfassenden und vielseitigen litterarischen, staatswissenschaftlichen, selbst naturgeschichtlichen Studien des Aristoteles und seines Kreises sind die Anfänge wohl durchweg in der A. zu suchen (so zeigt der Komiker Epikrates l. c. Platon und seine Genossen in der A. mit der Classification von Pflanzen beschäftigt). So war hier zum erstenmal (immerhin in Anlehnung an die pythagoreischen Institutionen) das Beispiel einer grossartigen ‚Organisation der wissenschaftlichen Arbeit‘ geschaffen, wie etwa unsere Universitäten sie darstellen möchten.

Freilich hielt sich die A. auf dieser Höhe nicht über die unmittelbare Nachfolge Platons hinaus. Speusippos (Schulführer 347–339), Xenokrates (339–314), Philippos von Opus, Herakleides und Eudoxos, vollends Aristoteles, die sämtlich schon zu Lebzeiten Platons als selbständige Forscher neben ihm standen, lassen diesen universalistischen Zug noch mehr oder weniger deutlich erkennen. Schon Polemon aber (Schulführer 314–270) wie sein Genosse Krantor und sein Nachfolger Krates stellten, dem Zuge der Zeit folgend, die Moralphilosophie einseitig voran. Vollends mit Krates Nachfolger Arkesilaos († 241) wandte sich die A. unter dem Einflusse Pyrrhons von den alten Traditionen ab und einer radicalen Skepsis zu. Man fasst gewöhnlich Platon und seine Nachfolger bis auf Krates unter dem Namen der älteren A., Arkesilaos mit seinen Nachfolgern Lakydes (241–215), Telekles, Euandros und Hegesinus unter dem der mittleren, Karneades († 129), der die Skepsis des Arkesilaos durch eine fein ersonnene Wahrscheinlichkeitslehre ergänzte und milderte, mit seinen Schülern, von denen Kleitomachos der bekannteste ist, unter dem der neueren A. zusammen. Auffälligerweise rechnet Diog. Prooem. 14. 19. IV 59 die neuere A. von Lakydes an, anders Sext. Emp. Pyrrh. hyp. I 220. [Galen.] Hist. phil. 3. Doxogr. 599, 11. Clem. Strom. I 63 p. 353 P. Euseb. praep. ev. XIV 4, 13. 15. 16. 7, 15. 9, 3. Einige zählten (nach denselben [1137] Quellen) dann noch Philon, der der Skepsis untreu wurde und einem stoisierenden Eklekticismus sich näherte, mit seinen Anhängern als vierte, Antiochos mit seinen Nachfolgern, die in gleicher Richtung nur noch weiter gingen, als fünfte A. Diese ganze Einteilung ist aber erst jüngeren Datums; Cicero (de orat. III 67; Ac. I 13. 46; de fin. V 7) wie Varro (bei Augustin C. D. XIX 1. 3) kennen nur zwei Akademien, die ältere, von Platon, und die jüngere, von Arkesilaos begründet. Vgl. Fabricius ad Sext. P. H. I 220. Krische Gött. Stud. 1845, 176. Diels Doxogr. 245 (nach Diels wäre auch bei Seit. l. c. zu lesen Ἀκαδημίαι δὲ γεγόνασιν, ὥς φασιν οἱ πλείους, δύο ἢ τρεῖς). Philon wie Antiochos hat Cicero erlebt, der (ad Att. V 10) über den starken Rückgang der A. nach Antiochos klagt (den Nachfolger Aristos nennt er ad Att. 10. 11, sowie Tusc. V 22 und Brut. 332; er sprach ihn in Athen 51/50). In der That sind von da ab durch die nächsten Jahrhunderte zwar noch zahlreiche Namen von Platonikern, teils eklektischer, teils gemässigt skeptischer Richtung zu verzeichnen, die sich auch meist ‚Akademiker‘ nannten; aber gerade die bedeutenderen lehrten nicht in der A. Auch der Neuplatonismus nahm seinen Ursprung anderwärts und gelangte erst geraume Zeit später (durch den Athener Plutarchos, ca. 380–433) in ihren Besitz, um sich in demselben bis zum Untergang der ganzen Institution (s. o.) zu behaupten.

Litteratur: Zumpt Abh. Akad. Berl. 1842, 32ff. Bücheler Acad. philos. index Herculanensis, Ind. schol. Gryphisw. 1869/70. v. Wilamowitz-Moellendorff Philol. Unters. IV 263ff. Usener Pr. Jahrb. LIII 5ff. 10. Zeller Ph. d. Gr. II a⁴ 416ff. 985ff. III a³ 491ff. 588ff. 802. Diels Philos. Aufs. E. Zeller gewidmet 239ff.

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