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Agra. 1) Stadt im westlichen Susiana, am Tigris gelegen (παρὰ τὸν Τίγριν ποταμόν), in 80° 30′ Länge und 33° 45′ Breite, Ptol. VI 3, 4; wahrscheinlich gehörte sie zu der sich längs des Tigris erstreckenden Landschaft Melitene (s. d.). Bei der Feststellung der Lage von A. ist zu beachten, dass Ptolemaios eine völlig falsche Vorstellung von dem Unterlaufe des Tigris (s. d.) gehabt hat, wie dies auf das deutlichste aus seinen Längenbestimmungen der am Flusse gelegenen Städte hervorgeht. Danach hatte für ihn der Lauf des Flusses von Thelde (1° nördlich von Ktesiphon unter demselben Längengrad, Ptol. VI 1, 3) abwärts, anstatt einer nordwest-südöstlichen, eine generell nord-südliche Richtung. Aus einer solchen Anschauung des Flusslaufes ergab es sich von selbst, dass die geographische Länge desselben gleich derjenigen von Thelde und Ktesiphon sein müsse, und so legte Ptolemaios (V 20, 5) die beiden Mündungen des Tigris gleich weit, 30′, westlich und östlich von dem Meridian jener Städte, dem 80sten. Aus dieser falschen Ansetzung des Flusslaufes zu weit nach Westen erklärt sich die auffallend grosse Längendifferenz zwischen Susa (Länge 84°) und den susischen Ortschaften am Tigris, die für A. 3° 30′ beträgt, während der Längenunterschied von Susa und Ktesiphon, 4°, der von jenem Irrtume unberührt blieb, der Wahrheit sehr nahe kommt. Die ptolemaeische Länge von A. muss also als unbrauchbar bei Seite gelassen werden; an die Stelle dieser Coordinate tritt aber der uns thatsächlich bekannte Flusslauf. Doch lässt sich für die Lage von A. dies eine wenigstens aus der von Ptolemaios angegebenen Länge entnehmen, dass es nämlich, wie die Vergleichung mit derjenigen der anderen Städte am Tigris zeigt, den östlichsten Punkt seines Laufes bezeichnete, dass es also zwischen dem Knie des Tigris bei der Mündung des Ṭîb, 15 km. ost-nordöstlich von Ǧubeila, und dem Zusammenflusse des Euphrat und Tigris bei Korna zu suchen ist. Hiermit steht in Übereinstimmung, wie sich zeigen wird, die Breite von A., die nicht als eine absolute, sondern als eine relative, in ihrem Verhältnis zu derjenigen der beiden Hauptpunkte Ktesiphon und Susa zu betrachten ist. Die Breitendifferenz zwischen A. und Ktesiphon (Breite 35° Ptol. VI 1, 3) beträgt 1° 15′; dies von der wirklichen Breite von Ktesiphon (jetzt Ṭâq i Kisrâ, d. i. Bogen des Chosroēs), 33° 6′, in Abzug gebracht, giebt für die Lage von A. am Tigris eine Breite von 31° 51′. Dies führt aber fast genau auf den Punkt, wo sich der nördlichste Mündungsarm des Kärkhä, der Sidd al Ḥadd (auf den Karten gewöhnlich Duweiriǧ, nach dem sich mit ihm verbindenden Flusse, genannt) mit [887] dem Tigris vereinigt. Ein hiervon nur wenig abweichendes Resultat ergiebt die Zugrundelegung des Breitenunterschiedes zwischen A. und Susa (Breite 34° 15′), nämlich 30′. Da Susa in Wirklichkeit in 32° 11′ 25″ nördl. Breite liegt, so ist die daraus zu gewinnende Breite von A. 31° 41′. Dies würde aber nach den Karten der Mündung des Kanals Umm alǦamâl, der den Euphrat mit dem Tigris verbindet, entsprechen. Die beiden, auf verschiedenem Wege gewonnenen Resultate kommen also einander sehr nahe, weisen nur eine Differenz von 10′ auf, und zeigen zugleich eine merkwürdige Übereinstimmung darin, dass in beiden Fällen A. an die Mündung eines Flusses oder Kanals in den Tigris zu liegen kommt, also an eine für eine Stadt sehr geeignete Stelle. Soll man sich für eines der beiden Resultate entscheiden, so wird es für dasjenige sein müssen, zu dem wir vermittelst der Breite von Susa gelangt sind; denn, da die Entfernung zwischen A. und Susa weit geringer ist, als diejenige zwischen A. und Ktesiphon, so wird auch der Fehler in der Berechnung des Breitenunterschiedes zwischen A. und Susa kleiner sein. Die grössere Wahrscheinlichkeit spricht also für die Lage von A. an der Einmündung des Kanals Umm alǦamâl in den Tigris. Was den Namen A. anbetrifft, so scheint er das aramaeische aqrâ ‚Burg‘ wiederzugeben, das selbst ein altes Lehnwort aus dem Griechischen, gleich ἄκρα, ist (Nöldeke Mandaeische Grammatik 71, 2. S. Fraenkel Die aramaeischen Fremdwörter im Arabischen 233); er ist also eigentlich blos ein Appellativum.
[Andreas.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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