4) Lakedaemonischer König aus dem Hause der Eurypontiden, Sohn des Königs Archidamos und der Eupolia. Geboren etwa 444 v. Chr. war er als jüngerer Sohn und da sein älterer Stiefbruder Agis (II.) einen Sohn, den Leotychides, hatte, nicht für den Thron bestimmt. Da jedoch die echte Geburt des Leotychides bezweifelt ward (man sagte, er sei von Alkibiades im Ehebruch erzeugt, Plut. Alkib. 23), so trat A. nach dem Tode seines Bruders Agis als Bewerber um die Nachfolge auf, die Mehrheit des Volkes erklärte ihn für den rechten Erben, und der Thron wie das Vermögen des Agis ging auf ihn über, wobei namentlich Lysander, der in A. einen willigen Freund zu erhalten hoffte, seinen Einfluss für ihn einsetzte (Xenoph. Ages. I 5; Hellen. III 3, 1ff. Plut. Ages. 1ff.; Lys. 22. Paus. III 8, 7ff. Nepos Ages. 1). A. kam etwa im J. 401 v. Chr. auf den Thron; das erste wichtigere Ereignis unter seiner Regierung war die Verschwörung des Kinadon, die kaum ein Jahr später entdeckt ward (Xenoph. Hellen. III 3. 4). A. suchte zunächst sein Ansehen zu befestigen; anders als sonst die Könige zu thun pflegten, trat er in gutes Einvernehmen zu den Ephoren und hielt sich namentlich an Lysander. Als im J. 397 die Perser, mit denen die Spartaner seit dem Feldzuge des jüngeren Kyros in Asien Krieg führten, grössere Rüstungen begannen und sich zum Angriff anschickten, bewirkte Lysander, dass nach Beschluss der Lakedaemonier und Bundesgenossen A. mit einem Heere von 2000 Neodamoden und 6000 Bundesgenossen nach Asien gesandt ward, um hier entweder mit den Persern Frieden zu schliessen, oder sie an einem Angriff zu hindern. Ihn begleiteten, vom Volke erwählt, dreissig Spartiaten, unter denen sich auch Lysander befand, der seinen und seiner Parteigenossen Einfluss in Kleinasien wiederherzustellen hoffte. Vor seinem Übergange nach Asien wollte A., wie einst Agamemnon, in Aulis opfern, ward aber von den Boeotern, die nebst den Athenern und Korinthern die Heeresfolge verweigert hatten, daran gehindert [797] und kam dann (Frühjahr 396) in Ephesos an, wo er das Heer seiner Vorgänger, namentlich die Kyreer übernahm (Xenoph. Ages. I 6ff.; Hellen. III 4, 1ff. Plut. Ages. 6; Lys. 23. Paus. III 9, 1ff. Nepos Ages. 2). Hier schloss er zunächst mit Tissaphernes, dem Satrapen von Lydien und Karien, einen Waffenstillstand auf drei Monate, um aufs neue mit dem Perserkönige zu unterhandeln und den Frieden und die Befreiung der griechischen Städte des Festlandes zu erlangen. Während dieser Zeit beschäftigte er sich mit der Neuordnung der kleinasiatischen hellenischen Städte und fand dabei Gelegenheit, Lysandern, der als die wichtigste Person erschien und überall in den Vordergrund trat, zurückzudrängen und so zu demütigen, dass er selbst um eine andere Verwendung bat und an den Hellespont abging. Der erhoffte Friede mit den Persern kam nicht zu stande; vielmehr hatte Tissaphernes sein Heer ansehnlich verstärkt und erklärte dem A. den Krieg, wenn er nicht Asien verlasse. Indem A. sich den Anschein gab, als wolle er Karien angreifen, und Tissaphernes seine Streitkräfte zum Schutze dieser Landschaft versammelte, wandte er sich plötzlich nach Norden, in das Kaystrosthal und weiter bis nach Phrygien am Hellespont, der Satrapie des Pharnabazos. Er fand diese Gegenden unverteidigt und gewann grosse Beute, bis er durch die überlegene Reiterei des Pharnabazos genötigt ward, an die Küste zurückzukehren (Xenoph. Ages. I 10ff.; Hellen. III 4, 11ff. Plut. Ages. 7ff.; Lys. 23. Diod. XIV 79. Nepos Ages. 2, 3ff.). Im folgenden Winter beschäftigte er sich mit Rüstungen, namentlich mit der Bildung einer besseren Reiterei, und sammelte zum Frühjahr 395 seine Truppen abermals in Ephesos. Auch jetzt erwartete ihn Tissaphernes in Karien, während A. unverhofft in Lydien und die Gegend von Sardes eindrang. Tissaphernes eilte zum Schutze herbei; A. hatte jedoch Gelegenheit, am Paktolos die persischen Reiter anzugreifen und zu schlagen und die Umgegend von Sardes zu verwüsten. Diese Niederlage war eine der Ursachen, weshalb Tissaphernes bald darnach abgesetzt und hingerichtet ward (Xenoph. Ages. I 23ff.; Hellen. III 4, 15ff. Plut. Ages. 10. Diod. XIV 60. Paus. III 9, 5f. Nepos Ages. 3, 2ff.). Sein Nachfolger, Tithraustes, schloss zunächst mit A. eine längere Waffenruhe ab, um neue Unterhandlungen zu eröffnen; er schlug als Friedensbedingung vor, dass A. Asien verlasse und die hellenischen Städte autonom, aber den Persern tributpflichtig sein sollten; zugleich bedang er sich aus, dass A. seine Satrapie räume. Die Spartaner willigten ein, und A. begab sich in die Satrapie des Pharnabazos. Auf dem Wege dorthin, bei Kyme, erhielt er die Botschaft, dass ihm der Oberbefehl auch zur See und die Ernennung eines Nauarchen übertragen sei. A. verstärkte nunmehr gegenüber den stärkeren persischen Rüstungen seine Flotte um 120 neue Schiffe und ernannte seinen Schwager Peisandros zum Oberbefehlshaber. Dann rückte er in das Land des Pharnabazos ein, wo er im Herbst 395 eintraf und bis zum nächsten Frühjahr blieb. Er unternahm auch hier ergiebige Beutezüge, kam bis nach Paphlagonien und überwinterte in Daskylion, [798] dem Sitz des Satrapen, mit dem er allerlei Kämpfe zu bestehen hatte. Verstärkt ward er durch einen persischen Überläufer, Spithridates, und den paphlagonischen Fürsten Kotys (oder Otys), die ihm namentlich Reiter stellten. Als diese sich wegen der Beute mit ihm entzweiten und das Heer verliessen, wurde seine Stellung der persischen Reiterei gegenüber erheblich geschwächt und nach einer Unterredung mit Pharnabazos, worin er ihn zu bewegen suchte, die Sache des Perserkönigs zu verlassen, verliess er Anfang Frühjahr 394 das hellespontische Phrygien und wandte sich nach Süden. In der Ebene von Thebe traf ihn nun aber die Weisung von Sparta, nach Hellas zurückzukehren, da sich hier mit Unterstützung der Perser die Verbindung der Thebaner und Athener gebildet hatte, denen sich nach der Schlacht bei Haliartos und dem Tode Lysanders (395) die Korinther, Argiver, Thessaler und viele andere in Mittel- und Nordhellas anschlossen. So musste er Asien verlassen. Man sagt, er habe vorgehabt, tief ins Binnenland einzudringen, ja vielleicht den Perserkönig selbst anzugreifen, und die Alten haben bedauernde Betrachtungen darüber angestellt, dass es ihm infolge des hellenischen Krieges nicht vergönnt gewesen sei, seine Absichten auszuführen. Aber zu einem grossen Unternehmen reichten seine Streitkräfte nicht aus; zwar zeigte seine Kriegsführung die militärische Schwäche der Perser und die Überlegenheit der hellenischen Waffen, aber sie war doch fast nur auf den kleinen Krieg, auf Plünderung und Beute gerichtet, um das Heer zu ernähren, zu bereichern und noch etwas zu erübrigen. A. hat kaum je versucht, die Streitkräfte der Perser, deren Reiterei ihre Überlegenheit behauptete, aus dem Felde zu schlagen; und gar zu unternehmen, was Alexander später that, war er nicht im stande und hat er auch wohl kaum ernstlich gewollt (Xenoph. Ages. I 35; Hell. III 4, 25ff. IV 1, 1ff. Plut. Ages. 10ff. Paus. III 9, 6ff. Nepos c. 4. Chr. Haupt Agesilaos in Asien, Programm v. Landsberg a. d. W. 1874).
A. nahm aus Asien an Truppen mit was er konnte, namentlich auch die Kyreer, liess nur wenige zurück und begab sich auf dem Landwege durch Thrakien und Makedonien nach Hellas. Er wurde unterwegs nirgendwo ernstlich aufgehalten und legte den Weg in nicht ganz dreissig Tagen zurück. In Thessalien wurde sein Durchzug durch Angriffe der thessalischen Reiterei belästigt, die er bei Narthakion am Othrys kräftig zurückwies. Dann erhielt er Auftrag, in Boeotien einzurücken; verstärkt durch einige Abteilungen des lakedaemonischen Heeres, das jüngst den Sieg am Nemeabache bei Sikyon gewonnen hatte, ferner durch die Phokier kam er an der Grenze Boeotiens an. Es fand damals eine Sonnenfinsternis statt (14. August 394). In der Ebene bei Koroneia begegneten ihm die Boeoter und ihre Verbündeten; er erfocht hier einen blutigen, schwer erkämpften Sieg. Man rechnete es ihm als Fehler an, dass er die Thebaner, als sie durch die siegreichen Lakedaemonier sich durchschlagen mussten, in der Front empfing und dadurch schweren Verlust erlitt, statt sie vorbeizulassen und von der Seite anzugreifen (Xenoph. [799] Ages. II 12). Kurz vor diesem Siege hatte A. Nachricht von der Niederlage der Flotte und dem Tode des Peisandros bei Knidos erhalten. Nach der Schlacht zog A. nach Delphi, erholte sich von seiner Wunde, die er in der Schlacht erhalten hatte, und feierte die Pythien. Er weihte hier den Zehnten der asiatischen Beute, an 100 Talente (Xenoph. Ages. I 34). An dem von hier aus unternommenen Einfall in Lokris, der für die Spartaner nicht ohne Verluste war, nahm er nicht teil. Dann ging er in den Peloponnes zurück; das Heer ward entlassen und A. kehrte nach Sparta zurück (Xenoph. Ages. I 36ff.; Hell. IV 1, 41ff. 3, 1ff. Plut. Ages. 15ff. Diod. XIV 83, 3. 84, 1ff. Paus. III 9, 12ff. Nepos 4, 4ff.). In Sparta nahm A. jetzt eine sehr angesehene Stellung ein; zwar die Freunde Lysanders waren ihm feindlich gesinnt und es fehlte nicht an Kämpfen gegen sie; aber er wusste manche von ihnen zu gewinnen, wie er sich auch, freilich ohne dauernden Erfolg, bemühte, den Mitkönig Agesipolis an sich zu ziehen (Plut. Ages. 20). Im Kriege, der bei Korinth geführt ward, war A. erst im J. 391 wieder thätig, als die neue Waffengattung der Peltasten unter Iphikrates ihre ersten Erfolge errungen hatte und die Athener den Korinthern die zerstörten Mauern zwischen Korinth und Lechaion wiederherstellten. Damals rückte A. ins Feld, verheerte erst das argivische Gebiet, und riss bei Lechaion die neu errichteten Mauern wieder ein, wobei ihn sein Bruder Teleutias, damals Nauarch, mit einer Flotte unterstützte (Xenoph. Ages. II 17; Hell. V 4, 19. Plut. Ages. 21). Im nächsten Jahre (390) wiederholte A. seinen Angriff, verjagte die Korinther von der Feier der Isthmien und liess das Fest durch die Verbannten begehen. Dann wandte er sich gegen den Peiraios, nördlich von Korinth am krisaeischen Golfe gelegen, wohin die Korinther einen grossen Teil ihrer Habe in Sicherheit gebracht hatten. Er fand ihn stark besetzt, zog aber durch einen Scheinangriff auf Korinth den grössten Teil der Besatzung hinweg, eroberte ihn dann samt dem Castell Oinoe und dem Heraion und machte grosse Beute und viele Gefangene. Die Freude über dies gelungene Unternehmen ward getrübt durch die gleich danach eintreffende Nachricht von der Vernichtung der lakedaemonischen Mora bei Lechaion durch die Peltasten des Iphikrates. A. kam zur Hülfe zu spät, verwüstete dann noch, um sich als Herrn im Felde zu zeigen, das Gebiet von Korinth und zog hierauf nach Sparta zurück. Die früher von Sievers (Geschichte Griechenl. 404), neuerdings von Judeich vertretene Meinung, dass diese Kämpfe bei Korinth den Jahren 393 und 392 angehörten, ist sicherlich ein Irrtum (Xenoph. Ages. II 18f.; Hellen. IV 5, 1ff. Plut. Ages. 21. Paus. III 10, 1).
Im nächsten Jahre (389 v. Chr.) wurde auf Ansuchen der Achaeer der Heerbann gegen die Akarnanen und ihre Bundesgenossen geführt. A. hatte wiederum die Führung und rückte in Akarnanien ein. Er täuschte die Akarnanen und drang plötzlich nach einem Eilmarsche bis an den See (die Limnaia) ins Herz der Landschaft ein, wo die Akarnanen ihre Heerden u. a. in Sicherheit wähnten, und machte grosse [800] Beute; auch gelang es ihm, die akarnanischen Truppen, die seinen Abzug belästigten, zurückzuschlagen. Jedoch seine Angriffe auf die feindlichen Städte wurden zurückgewiesen und A. kehrte dann über Rhion zurück. Dieser Feldzug hatte die Wirkung, dass die Akarnanen und Nachbarn, als A. im nächsten Jahre mit einem neuen Angriffe drohte, zu den Spartanern übertraten (Xenoph. Ages. II 20; Hellen. IV 6, 1ff. Plut. Ages. 22. Paus. III 10, 2). Am Seekriege nahm A. keinen Anteil. Für den bald darnach durch Antalkidas vermittelten Königsfrieden von Olymp. 98, 2 (= 387/6) trat er auf der Versammlung in Sparta (wahrscheinlich im Winter 387/6) auf das kräftigste ein. Als hier die Thebaner Anspruch erhoben, alle boeotischen Städte zu vertreten, widersprach er ihnen und zwang sie durch Kriegsdrohung, sich zu fügen; ebenso wurden die Korinther genötigt, ihre Verbindung mit Argos zu lösen; für beide Städte erzwang er ferner die Rückkehr der Verbannten, seiner Freunde (Xenoph. Ages. II 21; Hellen. V 1, 32. Plut. Ages. 23). Er ist der vornehmste Vertreter der damaligen, durch den antalkidischen Frieden begründeten Politik Spartas, deren Ziel es war, alle mächtigeren Gemeinden zu schwächen und dadurch die Herrschaft zu behaupten (es ist daher auch wenig glaublich, dass er, wenn auch Antalkidas sein persönlicher Gegner war, die Preisgebung der Griechen des kleinasiatischen Festlandes an die Perser mit besonderem Missvergnügen gesehen habe; vgl. Plut. Ages. 23). Das Unternehmen gegen Mantineia hat er nicht geleitet; er bat, aus persönlichen Gründen, ihn nicht damit zu betrauen (Xenoph. Hellen. V 2, 3). Der Handstreich des Phoibidas, durch den sich Sparta im J. 382 v. Chr. in den Besitz der Burg von Theben setzte, fand seine Billigung. Als Phoibidas in Sparta peinlich verklagt ward, setzte A. es durch, dass er freigesprochen ward (oder nach einem andern Bericht mit einer Geldbusse davon kam), und die Kadmeia ihre lakedaemonische Besatzung behielt. A. sprach dabei aus, dass man nicht fragen solle, ob das Geschehene recht oder unrecht sei, sondern ob es der Gemeinde nütze (Xenoph. Hell. V 2, 32f. Plut. Ages. 23; Pelop. 6). Er nahm sich ferner auf das eifrigste der phliasischen Verbannten an, die zum Teil seine Gastfreunde waren; nach dem antalkidischen Frieden von den Spartanern in ihre Vaterstadt zurückgeführt, wollten sie jetzt diese ganz in ihre Gewalt bringen. Sie fanden in Sparta Unterstützung und da Phlius sich weigerte, ihre Forderungen zu erfüllen, so führte A. ein Heer gegen die Stadt (um 380 v. Chr.) und zwang sie nach achtzehnmonatlicher Belagerung sich zu ergeben. Die Spartaner übertrugen später bei der Capitulation ihm die Entscheidung über das Schicksal der Stadt und es erging über die Gegner der Verbannten ein strenges Gericht; eine neue Verfassung ward eingeführt und die Akropolis erhielt eine lakedaemonische Besatzung. Als ferner bald nach der Befreiung Thebens (Winter 379/8) der Harmost in Thespiai, Sphodrias, den Peiraieus zu überrumpeln versuchte und die Athener Genugthuung verlangten, geschah es durch A.s Einfluss, dass Sphodrias freigesprochen ward und dadurch die Athener im Entschluss, sich [801] mit Theben zu verbünden, bestärkt wurden (Xenoph. Hell. V 4, 21. Plut. Ages. 24; Pelop. 14. Diod. XV 29, 5).
Den nunmehr ausbrechenden Krieg gegen die Thebaner, Athener und die Mitglieder des neuen Seebundes eröffnete A. im J. 378. Er liess die Pässe des Kithairon besetzen und rückte mit einem starken Heere (angeblich 18000 Mann zu Fuss und 1500 Reiter) über Plataiai und Thespiai ins Gebiet von Theben ein. Die Thebaner, denen die Athener zu Hülfe kamen, hatten die wichtigsten Teile ihres Landes befestigt, liessen sich auf keine Hauptschlacht ein und beschränkten sich auf die Verteidigung, wobei ihnen ihre Reiterei gute Dienste leistete. Sie behaupteten sich im Felde, auch nachdem es dem A. geglückt war die Befestigungen zu durchbrechen und Teile des Gebiets zu verwüsten (Xenoph. Ages. II 22; Hell. V 4, 35f. Diod. XV 31, 3ff.). A. wiederholte den Feldzug im nächsten Jahre, wo er bei Skolos eindrang und den östlichen Teil des thebanischen Gebietes bis Tanagra hin verheerte. Als ihm das feindliche Heer dort entgegentrat, marschierte A. an ihm vorbei und bedrohte plötzlich Theben, was zur Folge hatte, dass die Verbündeten eiligst zum Schutze der Stadt herbeieilten. Es kam hiebei zu einem grösseren Treffen, in dem die Thebaner sich den Sieg zuschrieben (Xenoph. Ages. II 22; Hell. V 4, 47ff. Plut. Ages. 26; Pelop. 15. Diod. XV 34). Auf der Rückkehr von diesem Feldzuge erkrankte A. in Megara und blieb längere Zeit leidend; er übernahm zunächst nicht mehr die Führung, sondern trat erst bei den Friedensverhandlungen von 371 wieder hervor. Er war ein glühender Feind der Thebaner und der in Theben damals herrschenden Männer. Dieser Hass war schon öfters zum Ausbruch gekommen (s. z. B. Xenoph. Hell. IV 5, 6); jetzt stiess er mit den thebanischen Gesandten, unter denen sich Epameinondas befand, zusammen. Er verlangte von ihnen die Anerkennung der Autonomie der boeotischen Städte und die Auflösung der boeotischen Einheit. Da sie aber nur als Vertreter des ganzen Boeotiens den Friedenseid leisten wollten, so schloss er sie vom allgemeinen Frieden aus und veranlasste, freilich nicht ohne in Sparta selbst Widerspruch zu finden, dass Kleombrotos, der in Phokis stand, angewiesen ward, in Boeotien einzurücken, worauf dann die Schlacht bei Leuktra erfolgte (Xenoph. Hell. VI 3. 19f. Plut. Ages. 27f. Diod. XV 50, 4ff. Paus. IX 13, 2).
Nach dem Falle der spartanischen Hegemonie hat A. niemals abgelassen, ihre Wiederherstellung zu erstreben und die Folgen der thebanischen Siege aufzuheben. Er hob den gesunkenen Mut der Bürger und beantragte, dass die Atimie für die aus der Schlacht bei Leuktra Zurückgekehrten aufgehoben werde. Im J. 370 versuchte er namentlich den Einfluss Spartas in Arkadien zu erhalten und die Einigung der Landschaft zu hindern. Als Gesandter suchte er die Mantineer zu bewegen die neue Aufrichtung ihrer Stadt nicht selbständig vorzunehmen und führte dann, als die Vereinigung der Arkader sich dennoch vollzog, ein Heer gegen Mantineia. Jedoch richtete er nichts aus und bei Annäherung des thebanischen Heeres zog er wieder ab. Als dann die [802] verbündeten Feinde in Lakonien einrückten, leitete A. den Widerstand; er begnügte sich, die Stadt zu verteidigen und bei günstiger Gelegenheit dem Feinde Abbruch zu thun. Durch Vorsicht und Entschlossenheit gelang es ihm in dieser schwierigen Lage, wo selbst in Sparta und unter den Spartiaten Gährungen entstanden, die Stadt und das Regiment zu retten; auch vor Gewaltthaten scheute er sich nicht (Xenoph. Ages. II 24; Hell. VI 5, 4. 5, 10ff. Plut. Ages. 30ff. Diod. XV 59, 4. Nepos Ages. 6). Die infolge dieser Ereignisse geschehene Lostrennung Messenes erkannte er niemals an und setzte für seinen Teil alles daran, den Krieg fortzusetzen und die dafür nötigen Mittel zu beschaffen. Als der Perserkönig mit den Thebanern ging, schloss sich Sparta den aufständischen Satrapen an. Wahrscheinlich um 364 oder 363, in demselben Jahre, wo Epameinondas mit der boeotischen Flotte in See ging, befand sich A. als Gesandter vielleicht mit der athenischen Flotte im aegaeischen Meere, brachte dem aufständischen Satrapen Ariobarzanes Hülfe gegen seine Widersacher und ward von ihm und seinen Genossen, ja sogar von Maussollos von Karien, obwohl dieser für den Perserkönig kämpfte, mit Geld unterstützt (Xenoph. Ages. II 26. Nepos Ages. 6). Zuletzt führte er im J. 362 die Lakedaemonier nochmals nach Mantineia ins Feld. Fast wäre damals Sparta durch Überfall in Epameinondas Hände gefallen. Eben rechtzeitig erfuhr jedoch A. von seinem Anzuge, eilte zur Verteidigung herbei und rettete die schon zum Teil eroberte Stadt (Xenoph. Hell. VII 5, 9. Polyb. IX 8, 2f. Plut. Ages. 34ff. Diod. XV 82, 6). An der wenige Tage später geschlagenen Schlacht bei Mantineia nahm er keinen Anteil. Den hierauf folgenden allgemeinen Frieden erkannte Sparta nicht an, sondern suchte mit allen Mitteln den Krieg zu erneuern. Um die hiefür nötigen Geldmittel zu beschaffen, wurde im J. 361 A., schon mehr als 80 Jahre alt, mit 30 Spartiaten und einer Söldnerschar nach Ägypten gesandt, um dem Könige Tachos bei dem beabsichtigten Kriege gegen die Perser zu helfen. Da ihm jedoch Tachos nicht den Oberbefehl über seine ganze Streitmacht, sondern nur über die Söldner anvertraute und auch sonst seine Ratschläge nicht befolgte, geriet A. mit ihm in Streit. Als daher während des Krieges in Phönicien ein Teil des ägyptischen Heeres den Nektanabis (oder Nektanebos), einen Vetter des Tachos, zum Könige ausrief, neigte sich A. sogleich diesem zu und ging später, da Sparta ihm die Entscheidung überliess, zu ihm über und nötigte dadurch den Tachos zur Flucht. Den Nektanabis verteidigte er glücklich gegen einen mendesischen Nebenbuhler, der in zwei Treffen besiegt und beseitigt wurde. Nektanabis belohnte ihn reich (mit 220 Talenten nach Nepos) und noch im Winter fuhr A. wieder ab, um im nächsten Frühjahr den Krieg in Hellas wieder beginnen zu können. Während der Küstenfahrt jedoch, noch ehe Kyrene erreicht war, starb er im Hafen des Menelaos, 84 Jahre alt, nach 41jähriger Regierung (Xenoph. Ages. II 28f. Plut. Ages. 36ff. Diod. XV 92, 2ff. Paus. III 10, 2. Nepos c. 8).
[803] Die Regierungszeit des A., und namentlich sein Todesjahr, ist streitig. Clinton, Unger u. a. lassen ihn 397 zur Regierung kommen und 361/360 sterben. Eine andere Ansicht, die namentlich von Boeckh und neuerdings von Judeich vertreten wird, erstreckt seine Regierungszeit von 399–358 v. Chr. Wahrscheinlich erfolgte sein Tod (den Diod. XV 93, 6 vorzeitig unter 362/361 erzählt) im Winter 361/360, da es nicht glaublich ist, dass er länger als ein Jahr in Ägypten sich aufhielt, womit stimmt, dass sein Nachfolger, Archidamos, der 338/7 starb (nach Diod. XVI 63, 2. 88, 4), 23 Jahre regierte. Da ferner Plutarch den A. 41 Jahre lang regieren lässt und an dieser Zahl festzuhalten sein wird, so ergiebt sich, dass er im J. 402/1 zur Regierung gelangte. Dagegen lässt sich freilich einwenden, dass dann der Krieg gegen Elis, der dem Tode des Agis voranging, früher gesetzt werden müsste, als man gewöhnlich annimmt, und als sich vielleicht mit Xenoph. Hell. III 2, 12 verträgt. Man müsste dann mehr dem Diodor folgen, der (XIV 17, 4) diesen Feldzug ins Jahr 402/1 setzt. Ein ganz sicheres Ergebnis ist nicht zu erreichen. S. Boeckh Manetho S. 751ff. Unger Chronol. d. Manetho 311ff. W. Judeich Kleinasiatische Studien 180ff.
Das Urteil über A. war schon zu seiner Zeit ein verschiedenes, wie es bei einem Manne von so stark ausgeprägter Parteistellung nicht anders sein kann. Auf das Urteil der Nachwelt hat Xenophon, der treue Anhänger und Waffengefährte des A., den grössten Einfluss gehabt; er schrieb bald nach A.s Tode eine Lobschrift auf ihn, den Agesilaos, und verleibte diese zum Teil später seinen Hellenika ein. Doch gab es daneben auch weniger günstige Stimmen, die auf die verderblichen Folgen hinwiesen, welche die Politik des A. für Sparta und Hellas gehabt habe; Stimmen, auf die schon Xenophon in seiner Lobschrift Rücksicht nimmt (Ages. II 21) und die viele seiner Handlungen tadelnswert und verderblich fanden (Plut. Ages. 25f. Diod. XV 19, 4. Polyb. IX 23, 7).
Gewiss gehört A. nicht zu den grössten Feldherren und Staatsmännern des Altertums. Er hat weder einen grossen oder entscheidenden Feldzug geführt, noch in der Politik nachhaltig gewirkt. Aber er war doch ein höchst bedeutender und einflussreicher Mann, ein gewiegter, erfahrener Heerführer; entsprechend den militärischen Hülfsmitteln Spartas war er im Felde vorsichtig und unternahm ohne sichere Aussicht auf Erfolg nicht leicht eine Feldschlacht, und wie er keinen grösseren Sieg erfochten hat, so hat er auch keine erhebliche Niederlage erlitten. Den kleinen Krieg verstand er gründlich, und das Geschäft der Plünderung und Brandschatzung wusste er noch durch eine gewisse Schonung der davon Betroffenen ergiebig zu machen. Er war verschlagen und erfinderisch und wusste seine Feinde oft zu überlisten. Er war leidenschaftlich und ehrgeizig: mit Erfolg hat er sich bemüht, nachdem er gegen den Widerspruch vieler König geworden war, seinen Einfluss zu vermehren. Gerne zog er einzelne aus den Reihen der Gegner zu sich herüber. Er verband das Königtum mit der Stellung eines Parteihauptes; als solches ist er, trotz des persönlichen Gegensatzes, [804] in dem er später zu ihm trat, ein Nachfolger Lysanders; denn es war dessen Politik, die er fortsetzte und vollendete. Seine Freunde und Parteigenossen suchte er in jeder Weise zu fördern, nicht nur in Sparta, sondern auch seinen auswärtigen Freunden strebte er in ihren Gemeinden Macht und Einfluss zu verschaffen und hat dadurch oft gewaltsam in das innere Leben der Bundesgenossen eingegriffen und die Gegensätze der Parteien verschärft. Er erweckte sich viele Feinde: in Sparta waren namentlich seine Mitkönige, Agesipolis und später Kleombrotos, seine Widersacher. Während er seinen Gegnern einen ausdauernden Hass widmete und ihnen oft mit Heftigkeit und Leidenschaft entgegentrat, war er hingegen für seine Freunde hülfsbereit und nachsichtig und suchte sich gerne durch Wohlthaten neue zu gewinnen. In seinem Privatleben war er tadellos; den ihm auferlegten Bürgerpflichten unterzog er sich stets bereitwillig. Für seine Person verlangte er auch draussen im Felde nichts und lebte stets einfach und ohne Prunk, wie in Sparta selbst. Bildsäulen, wie sie dem Lysander und vielen anderen damals gesetzt wurden, verbat er sich. Sein Äusseres war, wie berichtet wird, unscheinbar und einfach. Er war klein und etwas lahm, ohne dass ihn jedoch dieser Fehler bei der Erfüllung seiner kriegerischen Pflichten gehindert hätte. Er war ein strenger Spartaner, der sein lebenlang daran gearbeitet hat, die Macht und die Verfassung Spartas so wie sie war zu erhalten und keine Neuerungen zu dulden. S. Manso Sparta III 39ff. G. F. Hertzberg Das Leben des Königs Agesilaos II. von Sparta, Halle 1856. E. v. Stern Gesch. der spartan. u. theban. Hegemonie vom Königsfrieden bis zur Schlacht bei Mantinea. Dorpat 1884. W. Judeich Kleinasiatische Studien, Marburg 1892, 53ff.
[Niese.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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