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11) Claudius Aelianus (Αἰλιανός), Sophist aus der zweiten Hälfte des 2. Jhdts. n. Chr. Seine Zeit wird dadurch bestimmt, dass er ein Zeitgenosse des Flavius Philostratos war, des Verfassers der βίοι σοφιστῶν, der in Rom unter Septimius Severus (192–211) lebte. Es giebt von ihm zwei Biographien: einen Artikel im Suidas und eine Vita in Philostratos vit. soph. II 31. Er war aus Praeneste bei Rom gebürtig, weshalb er sich mit Recht einen Römer nannte (V. H. XII 25. XIV 45), stammte aus libertinem Stande, wegen seines Namens Claudius, und bekleidete in Praeneste das Amt eines ἀρχιερεύς (Suid.). Er war Schüler des Sophisten Pausanias aus Caesarea, unter dessen Leitung er sich die griechische Sprache in einem Grade zu eigen machte, dass er von einem eingeborenen Athener schwer zu unterscheiden war (Phil.). Daraus erklärt sich sein Beiname ὁ μελίγλωττος ἢ μελίφθογγος, den er nach Suidas von seinen Zeitgenossen erhalten hatte. Während seine Zeitgenossen in sophistischen Declamationen ihre Kraft vergeudeten, widmete er sich der schriftstellerischen Thätigkeit (Phil.). Viel von der Welt hat er nicht gesehen; nach seiner eigenen Aussage ist er nie über die Grenzen Italiens hinausgekommen, noch hat er je ein Schiff bestiegen und das Meer befahren (Phil.). Die Notiz seiner Tiergeschichte (XI 40), dass er in Alexandreia einen wunderbaren Stier und die Missgeburt eines Kalbes gesehen habe, steht keineswegs im Widerspruch mit seiner Aussage; er hat jenes ganze Capitel einschliesslich des ἐθεασάμην aus seiner Vorlage (Apion) herübergenommen. In seinen Stileigentümlichkeiten, vornehmlich in seinem Streben nach rhetorischer Einkleidung seiner Erzählungen, sowie in seiner Stellung zur Religion, für welche die Bruchstücke seiner Schrift περὶ προνοίας bezeichnend sind, steht er auf dem Boden seiner Zeit (vgl. Kalkmann Pausanias der Perieget, Berlin 1886, 1f.). Von seinen Werken sind zwei verloren gegangen: περὶ προνοίας und περὶ θείων ἐναργειῶν, die von Suidas in umfänglicher Weise ausgeschrieben sind. Es waren platte Erbauungsbücher, in denen durch Beispiele aus der Weltgeschichte der Finger Gottes an seinen Verächtern nachgewiesen wurde. Trotzdem Aelian kein Stoiker war, sondern zu den Missgeburten des Popularglaubens gehörte, so ist wahrscheinlich, dass sie auf stoischen Schriften (Chrysipp περὶ προνοίας) beruhten. Erhalten von ihm sind: 1. περὶ ζῴων ἰδιότητος, περὶ ζῴων ἱστορίαι (de [487] natura animalium) in 17 B., mit einer Vorrede und einem Schlussworte. Das Buch ist nur zum Teil naturwissenschaftlich beschreibend, zum andern Teil ist es paradoxographischen Inhalts, eine Sammlung von merkwürdigen Zügen aus dem Tierleben, die zur Belehrung und Nachahmung, also mit einem Anfluge ethischer Tendenz zusammengestellt, wenn auch ohne Plan und systematische Folge bunt durcheinander gemischt ist. Bestimmt war das Buch zur Unterhaltung des gebildeten Publicums. Es ist für uns ungemein wertvoll wegen der vielen Excerpte aus älteren Schriftstellern: so aus Aristoteles (64 mal citiert), Aristophanes von Byzanz, Theophrast, Megasthenes, Agatharchidas u. a. Die Hauptquelle des Aelian ist Alexander von Myndos (s. d.), dessen Schriften περὶ ζῴων, θαυμασίων συναγωγή und περίπλους τῆς ἐρυθρᾶς θαλάττης er fast wörtlich ausgeschrieben hat. Ferner sind von ihm benützt teils direct, teils durch Vermittlung Alexanders, für die Schlangengeschichten und die Beschreibung der niederen Tiere, Sostratos Werk περὶ βλητῶν καὶ δακέτων (M. Wellmann Herm. XXVI 321ff.), für die Elephantengeschichten vornehmlich Jubas Λιβυκά (M. Wellmann Herm. XXVII 389ff.), für die Fischgeschichten das Buch des Leonidas von Byzanz über die Fische und des Demostratos Ἁλιευτικά, endlich für die Erzählungen von ägyptischen Tieren Apions Αἰγυπτιακά. Das Buch ist in späterer Zeit viel gelesen worden: Konstantinos Porphyrogennetos liess aus ihm zusammen mit der aristophanischen Epitome des Aristoteles, Timotheos von Gaza, Agatharchidas und Ktesias eine συλλογὴ τῆς περὶ ζῴων ἱστορίας zusammenstellen (Lambros Suppl. Arist. I 1, Berl. 1885), und im 14. Jhdt. legte es Manuel Philes seinem Gedichte über die Eigentümlichkeiten der Tiere zu Grunde. Was die Form dieser Schrift angeht, so hat R. Hercher in der Praefatio zu seiner Pariser Ausgabe gezeigt, dass die Tiergeschichte zwar unverkürzt erhalten ist, in der Urhandschrift aber von einem halbgelehrten Leser mit zahlreichen Randbemerkungen versehen war, die dann ein unkundiger Abschreiber, oft an Unrechter Stelle und bald ohne weitere Anknüpfung, bald mit vorgestelltem καί oder hinzugefügtem δηλονότι, in den Text selbst einschwärzte. 2) ποικίλη ἱστορία (varia historia) in 14 B. Abgesehen von den ersten 15 Capiteln, die naturgeschichtliche Gegenstände behandeln, ist es eine Sammlung von Anekdoten mit moralisierenden Zusätzen. Die vermischten Geschichten haben sich nur bis B. III 12 so ziemlich in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten, von da an aber nur in Form eines Auszuges, wofür namentlich die von Stobaeus aus dem noch vollständigen Werke ausgehobenen Stücke und die von einem andern Abschreiber am Schluss hinzugefügte ursprüngliche Fassung mehrerer Capitel des XII. B. (cap. 2. 5. 6. 12–16. 22) den Beweis liefern; vgl. R. Hercher de Aeliani varia historia, Rudolstadt 1857. Für die Quellenanalyse dieses Buches, in dem manches Wertvolle steckt, ist wenig gethan; die Ansicht des Perizonius, der einen Commentar zu den variae historiae geschrieben (Lugd. Bat. 1701), dass er den Athenaeus, mit dem er in seiner Schrift vielfältig (bes. [488] Bd. X. XII) fast wörtlich übereinstimmt, ferner dass er den Plutarch benützt habe, ist unhaltbar (Herm. XXVI 481f.). A. Brunk hat in den comment. phil. in hon. sod. phil. Gryph., Berlin 1887 S. 1f. den sichern Nachweis gebracht, dass die Übereinstimmungen zwischen Aelian und Plutarch (Pseudoplutarch) auf Benützung desselben Anekdotencompendiums zurückzuführen sind. Dasselbe gilt für die Übereinstimmungen mit Athenaeus; vgl. Rudolph de fontibus quibus Aelianus in varia historia componenda usus sit, Leipz. Stud. VII 8ff. (verfehlt). 3) ἐπιστολαὶ ἀγροικικαί, 20 an der Zahl, voll erotischen Inhalts. Sie beweisen, dass A. für seine stilistischen Studien Aristophanes gelesen hat. Die beste Ausgabe des Aelian von Rud. Hercher, Paris (Didot) 1858 und in der Bibl. Teubn. 1864. Von commentierten Ausgaben ist die beste von J. G. Schneider Lips. 1784; ad fidem codicum restit. et annot. illustr. Fr. Jacobs Jen. 1831. Ed. princ. von Conr. Gesner, Tiguri 1556. Vortrefflich für seine Zeit: Var. hist. ed. Perizonius, 2 voll. Lugd. Bat. 1701.
[M. Wellmann.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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