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2) staatsrechtlich Niederlegung des Amtes a) rechtlich notwendig wegen Ablaufs der Amtszeit, b) freiwillig vorher erfolgend.
a) Am letzten Tage ihres Amtes vollziehen die Magistrate den Abdicationsact als Ankündigung ihres mit Ablauf der Amtsfrist erfolgenden Rücktritts. Sie erscheinen zu Rom auf den rostra und schwören, die Gesetze beobachtet zu haben (Plin. paneg. 65 abiturus consulatu iurasti te nihil contra leges fecisse; in leges iurare Liv. II 37, 12); daher wird der Abdicationsact als eiurare magistratum (Tac. ann. XII 4; hist. III 37), als ἀπόμνυσθαι (Plut. Cic. 19. Herodian. IV 2, 4) oder ἐξόμνυσθαι (Plut. Marcell. 4) τὴν ἀρχὴν bezeichnet. Dieser Schwur erfolgt vor einer contio, vor der der abtretende Magistrat über seine Amtsführung zu reden pflegt; Cic. ad fam. V 2, 7; in Pis. 6 in contione abiens magistratu dicere; de domo 94. Plut. Cic. 23. Dio XXXVII 38. XXXVIII 12, 3. In der Regel vollzieht sich die Abdankung in Rom, sie kann aber auch ausserhalb Roms erfolgen, wie das Liv. XXXIX 23, 1 ausdrücklich bemerkt ist. Dass das Amt nicht durch Ablauf der Amtsfrist, sondern durch den Abdankungsact erlösche und dass, wer trotz Ablauf der Frist nicht abgedankt hat, Magistrat bleibe, nimmt Lange Röm. Altert. I³ 720f. an, aber seine Gründe sind nicht beweiskräftig. Als Ap. Claudius, der Censor von 442 = 312 sich weigerte, nach Ablauf von 18 Monaten zu abdicieren (Liv. IX 33. 34. Frontin. de aquis I 5), wurde nicht darüber gestritten, ob der Censor nach Ablauf der Amtsfrist im Amte bleiben dürfe, sondern ob die Frist von 18 Monaten für die Censur in gültiger Weise festgesetzt sei. Die eigenmächtig verlängerten Consulate des Cinna und Carbo 669 und 670 = 85 und 84 (Liv. ep. 83. Pseudovictor vir. ill. 69, 2. Appian. b. c. I 77) suchen keinen Rechtsgrund in dem Unterlassen der Abdication. Die zweiten Decemvirn behalten zwar nach Ablauf ihres Jahres ihr Amt bei, ohne für ein weiteres Jahr gewählt zu sein (Cic. de rep. II 62. Liv. III 36, 9. 38, 1. IX 34, 1), und bei Liv. III 54, 5. 6 wird das allerdings nicht als Amtsanmassung, ihre Amtsführung nicht als nichtig betrachtet, sondern ihre Abdankung gefordert; aber einmal ruht dieser Bericht noch nicht auf zuverlässiger Überlieferung, und wenn er auch zuverlässig wäre, würde er nur für die constituierenden Gewalten und noch nicht für die übrigen Magistrate beweisen.
Die Niederlegung des Amtes wegen Ablaufs der Amtszeit wird unzweifelhaft als a. bezeichnet (vgl. Liv. IX 33, 4. XXXIX 23, 1), der eigentliche Terminus dafür ist indessen magistratu abire. Vgl. lex Acilia repetundarum v. J. 621 = 123 oder 632 = 122 CIL I 198, 72 p. 62 (vgl. 198, 79 p. 63) sei is praetor, quei ex hace lege quaeret, sei[ve is qu(aestor), quoi, aerarium vel urbana provinc]ia obvenerit, [eo magistratu] iudiciove inperiove abierit abdicaverit mortuosve erit; Cic. ad fam. V 2, 7 abeuntem magistratu; in Pis. 6 s. oben. Plin. paneg. 65 abiturus consulatu iurasti. Dagegen ist a. terminus technicus für die
b) freiwillige Niederlegung des Amtes vor Ablauf der Amtszeit. Wie es dem designatus gestattet [26] war, noch vor Amtsantritt auf das Amt zu verzichten (Liv. III 33, 4. Dionys. Hal. X 56. Liv. XXXIX 39. Mommsen St.-R. 469, 6), so stand es in republicanischer Zeit auch dem Magistrate frei, sich bereits vor Ablauf der Amtszeit seines Amtes zu begeben; das gilt indessen nur für Rom, nicht im Bereiche des imperium militiae, wo Niederlegung der Amtsführung selbst bei Beendigung der Amtsfrist nicht vor dem Eintreffen eines Nachfolgers gestattet war (Mommsen a. a. O. 640f.). In der Kaiserzeit ist überhaupt die Freiheit abzudanken mit dem Ämterzwange (Mommsen a. a. O. 475ff.) nicht vereinbar. Ein Magistrat dankt ab wegen Krankheit (Dio XLIX 43, 7), um einem andern Platz zu machen (Diod. XXXVIII 2. Vell. Pat. II 22, 2), um einen Process gegen sich selbst nicht zu hindern (Dio LVII 21, 2). Erwünscht ist, dass Dictator und Censor zur Erledigung ihrer Aufgaben nicht die volle Maximalfrist von 6 bezw. 18 Monaten brauchen, sondern eher fertig sind und abdanken. Geradezu erwartet wird der Rücktritt des Censors, dessen College gestorben ist (Liv. VI 27, 4. XXIV 43, 4. XXVII 6, 18. Plut. quaest. Rom. 50), da Nachwahl eines Censors nicht stattfindet (Liv. V 31, 6. VI 27, 4. IX 34, 17) und der überlebende nicht ohne Collegen amtieren soll. Magistrate, die vitio creati sind, werden durch Gewissensbedenken bewogen abzudanken (vgl. z. B. Liv. IV 7, 3. V 17, 2. 3. VIII 15, 6). Unfähige Magistrate veranlasst der Senat zum Rücktritt (Liv. V 9), der aber rechtlich nicht erzwungen werden kann, sondern formell freiwillig erfolgt. Den vom Consul Claudius Pulcher ernannten Dictator M. Claudius Glicia nötigt der Senat wegen seiner geringen Geburt dazu; vgl. CIL I p. 434 z. J. 505 = 249 M. Claudius C. f. Glicia qui scriba fuerat dictator coact. abdic. Liv. ep. 19; nach Suet. Tib. 2 wäre Glicia der viator des Pulcher gewesen. Ebenfalls unfreiwillig erfolgt die Abdankung eines Catilinariers, des Prätors P. Cornelius Lentulus Sura (Cic. in Catil. III 15. IV 5. Dio XXXVII 34, 2. Plut. Cic. 19) vor seiner Hinrichtung. Abacti magistratu dicebantur qui coacti deposuerant imperium Fest. ep. p. 23, 3. Der Zwang ist eben nur ein thatsächlicher; auch der höhere Beamte kann den niederen zur Abdankung nicht rechtlich zwingen. Nur der magister equitum kann nicht länger amtieren, als der Dictator und erhält von diesem den Befehl zur Abdankung, die vor (Liv. IV 34, 5) oder unmittelbar nach (Liv. IX 26, 20) dem Rücktritt des Dictators erfolgt. – Mommsen St.-R. I³ 624ff.
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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