.
Eleusinien (Gr. Relig.), grosse Feste der Ceres, ihrer Tochter Proserpina, und des mit beiden in enger Verbindung gedachten Bacchus, wiewohl die Verehrung des letztern Gottes bei diesen Festen nicht gleich alt mit der der beiden erstgenannten Gottheiten war. Der Name ist genommen von der Stadt Eleusis in Attica, deren fruchtbare Ebenen frühzeitigen Betrieb des Ackerbaues veranlasst hatten, welcher dann zur Verehrung der in der Tiefe der Erde waltenden Gottheiten aufforderte. Als Eleusis mit Athen zu einem Staate vereinigt wurde, breitete sieh dieser Gottesdienst nach Athen aus und wurde einer der glänzendsten Hauptbestandtheile des eigenthümlichen Festbrauchs der Athener. Was diesen Festen ihre besondere Anziehungskraft verlieh, und sie am berühmtesten machte, sind die damit verbundenen Mysterien, oder geheimnissvollen Einweihungen, durch welche die darein Aufgenommenen zu einer geschlossenen Verbrüderung wurden; aber gerade über das Innerste dieser Gebrauche haben wir nur die unzulänglichsten Nachrichten, da die Eingeweihten in der Regel das ihnen unter den heiligsten Verpflichtungen auferlegte Geheimniss auf das Strengste bewahrten. Der Ursprung der E. fällt in ein so hohes Alterthum zurück, dass darüber keinerlei geschichtliche Kunde zu erwarten ist. Als Stifterin wurde allgemein Ceres selbst verehrt, welche auf der Wanderung, die sie zu Aufsuchung ihrer von Pluto geraubten Tochter unternahm, nach Eleusis zu Celeus kam, hier gastfreundlich aufgenommen wurde und ausruhte, nach einiger Zeit sich als die mächtige Göttin offenbarte und nun selbst Befehl und Anweisung zur Einrichtung ihres Dienstes ertheilte. Daher liegt auch die Sage von den Schicksalen der Ceres und Proserpina allen Handlungen der eleusinischen Feier zu Grunde. Die beiden Hauptthatsachen derselben sind die zwischen Aufgang und Niedergang wechselnden Zustände der Proserpina, welche zugleich die wechselnden Zustände der fruchttragenden Erde sind. Darnach zerfielen auch die Feste in zwei Hauptabschnitte, den des Frühlings und den des Herbstes, oder in die kleinen und die grossen E. Die kleinen fielen in den Monat Anthesterion, welcher um den 16. Februar begann; sie hatten ihren Hauptsitz in der am Flüsschen Ilissus gelegenen athenischen Vorstadt Agrä, wo ein besonderes Heiligthum für die Feier bestimmt war. Die Feier war mysteriös; man verehrte Proserpina und Bacchus; über die einzelnen Gebräuche ist jedoch nichts Näheres bekannt. - Die grossen E. begannen am 15. Boëdromion, d.i. um den Anfang Octobers. Sie hatten eine beträchtliche Dauer, wiewohl weder die Zahl der Tage des Festes, noch die Verrichtungen an jedem einzelnen Tage sicher bekannt sind. Die sechs ersten Tage lassen sich noch ziemlich genau bestimmen. Der erste hiess Agyrmos und war der Versammlungstag der zu Weihenden, mit lärmenden Umzügen verbunden; auch fand ein öffentlicher Ausruf über die Ordnung des Festes statt, den der Hierophant (Deuter der Heiligthümer) und der Daduchos (Fackelträger), die zwei vornehmsten Priester für dieses Fest, deren Würde in gewissen Geschlechtern von uralter Zeit her erblich war, in der Stoa Pöcile, der gemalten Halle in Athen, vollzogen. Der zweite Tag hiess Halade Mystai; an diesem wurden die Einzuweihenden im Meere gebadet; durch Fasten und Gesänge heiliger Hymnen mussten sie sich auf den folgenden dritten Tag, Thya, vorbereiten, an welchem man den beiden Göttinnen opferte, vornehmlich Schweine, das gewöhnliche Opfer der Ceres. Am vierten Tage opferte man dem Bacchus und anderen Göttern, wobei aber Bacchus ausdrücklich zuerst genannt ward. Er hiess Hierea. Am fünften Tag, Epidauria, opferte man zuerst dem Aesculap, aber auch dem Hercules, den Dioscuren und dem Hippocrates. Am sechsten Tag, Iacchus genannt (welches nur ein anderer Name für Bacchus ist, genommen von den lärmenden Gesängen und Jubelrufen, womit man den Gott ehrte), folgte der grosse Festzug nach Eleusis, womit nun die Hauptfeier und die Weihungen in Eleusis erst begannen, von welchem an aber auch das einzelne Weitere nicht mehr in bestimmter Ordnung angegeben werden kann. Am Abende des achten Tages, scheint es, tranken die Feiernden den Kykeon, d.h. den Mischtrank aus Gerstengraupen, Wasser und dem Kraute Poley, welchen Metanira der trauernden Ceres zur Erquickung gereicht haben sollte. Der Genuss desselben, so wie das vorhergehende Fasten war Bedingung der Theilnahme an der das Ganze vollendenden Weise. Der Genuss des Kykeons bildete den Uebergang von der Trauer zur Freude, vom Suchen zum Finden, indem sich die Gläubigen in die Seele der Göttin versetzten, die nach peinlichem Suchen nunmehr die verlorene Tochter wieder gefunden hatte. Das Ganze schloss mit der sogenannten Plemochoë, einer Wasserspende, welche aus eigenthümlichen Gefässen dargebracht wurde, indem man aus dem einen gegen Aufgang, aus dem andern gegen Niedergang sprengte. - Ausserdem ist noch die Rede von einem Opfer, welches zehn vom athenischen Staate aufgestellte Männer alle vier Jahre in Eleusis darzubringen hatten, von einem kleinem jährlichen Feste daselbst, Haloën genannt, und von den eleusinischen Kampfspielen, nach vollendeter Ernte, wahrscheinlich alle vier Jahre gehalten. Sie galten für die ältesten Spiele dieser Art; der Preis war eine gewisse Gabe von dem heiligen Korne des rharischen Feldes. - Was die eigentlichen Mysterien betrifft, so lässt sich das Wenige, was man davon weiss, ungefähr in folgendem zusammenfassen: Es gab kleine, grosse und epoptische Mysterien, in die man in einer Stufen - Folge nach einander eintrat. Die ersteren waren auf die kleinen oder Frühlings-E. beschränkt, und bestanden in vorbereitenden Reinigungen und Sühnungen, verbunden mit Tänzen, Liedern und Umzügen; die grossen Mysterien sowohl, als die epoptischen, waren mit dem Herbstfest verbunden und bestanden eben in dem, was man vom sechsten Tage den Festes an in Eleusis vornahm; der Unterschied zwischen beiden hinsichtlich der einzelnen Gebräuche lässt sich nicht angeben, nur so viel scheint sicher, dass man, wenn man im Frühling durch die kleinen Mysterien den ersten Grad der Weihe erhalten hatte, im folgenden Herbst in den grossen zum zweiten Grade zugelassen wurde, dann aber frühestens erst im nächstfolgenden Herbst den dritten Grad, den der Epopten, d.h. Schauenden, erlangen konnte. Die Weihungen für den zweiten und dritten Grad scheinen also zwar zu gleicher Zeit, aber mit verschiedenen Personen und in getrennten Räumen vorgenommen worden zu sein. Die Gebräuche selbst waren mimisch - symbolischer Art, eine Darstellung der heiligen Geschichte der eleusinischen Gottheiten durch Zeichen, Handlungen, Ausrufungen und Gesänge. Diese Aufführungen besorgten die priesterlichen Vorsteher der Feier, von denen der Hierophant und Daduchos schon genannt sind: dem Hierophanten stand eine Oberpriesterin, die Hierophantis, zur Seite; weitere, mit besonderen priesterlichen Geschäften beauftragte Personen waren: der Hierokeryx (d.h. Herold der Heiligthümer), und der Epibomios (Besorger der Altäre); überdiess gab es eleusinische Priesterinnen verschiedener Art, und alle diese Würden waren im erblichen Besitz bestimmter Familien. Bei der Frage nach dem Sinne aller dieser Gebräuche ist hauptsächlich im Auge zu behalten, dass es die Erdgottheiten waren, um deren Dienst die ganze Feier sich drehte. In den Vorstellungen von jenen Gottheiten aber kreuzten sich die Ideen von der segnenden Fruchtbarkeit des mütterlichen Erdbodens, und die von der Furchtbarkeit des Todes, dessen Stätte die Erdtiefe zu sein schien, auf wunderbare Weise. Wenn also Anfangs der ganze Gesichtspunkt ein überwiegend ernster und schreckerfüllter war, so gewann er allmälig eine mildere Gestalt durch den Eintritt des Glaubens, dass die Erdgötter, wie das Samenkorn, so auch die Todten mit der Aussicht auf Wiederbelebung in ihrem Schosse beherbergen. Die E. wurden in der blühendsten Zeit Griechenlands unter ungeheurem Zudrange der Fremden gefeiert; 30,000 Männer dabei versammelt zu sehen, war etwas Gewöhnliches. Bildende Kunst, Ton- und Dichtkunst trugen zu ihrer Verherrlichung ihr Höchstes bei. Noch ein Redner aus der christlichen Zeit beklagt (218 n. Chr.) mit Bitterkeit den Schaden, den die eleusinischen Heiligthümer durch ein von feindlicher Hand angelegtes Feuer erlitten hätten. Eine völlige Zerstörung aber traf die Gebäude erst durch die Mönche, welche gegen Ende des vierten Jahrhunderts mit den Westgothen unter Alarich Griechenland verheerten. Kaiser Theodosius d. Gr. (gestorben 395) scheint die E. gänzlich vernichtet zu haben.