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Das Vounous Modell (Zeichnung, Bild von Juergen E. Walkowitz )

Zu den bronzezeitlichen Attraktionen Zyperns gehört das Vounous-Modell. Es wurde als szenische Komposition von Ritualen in einer runden Temenos verstanden. Als einziger Beleg für eine runde Sakralarchitektur in dieser Zeit, wurde es zum Ausgangspunkt extensiver religionshistorischer Spekulationen.

Fundgeschichte

Vounous ist zugleich der Name eines niedrigen Hügels an der Nordküste Zyperns einen km östlich der Abtei von Bellapais, die eine der Touristenattraktionen der Insel ist. Die im nördlichen Vorgebirge vom Kyrenia liegende Stelle, ist ein großer Friedhof aus der Bronzezeit. Viele seine Grüfte wurden in den frühen 1930ern geplündert. 1931 und 1932 unternahm man Rettungsausgrabungen bei Vounous. Im Juni 1933 grub Claude F. A. Schaeffer die Grüfte 49-79 aus. Eine Expedition der britischen Schule von Athen setzte die Ausgrabungen 1937-1938 fort.

Deutung

P. Dikaios legte 1940 eine detaillierte Interpretation vor: Danach handelt es sich um einen Temenos, das von einer niedrigen Mauer umgeben ist. Die Figuren verkörpern die Teilnehmer einer religiösen Zeremonie. Die drei vertikalen Balken der Bukranienwand sind die Idole chthonischer Gottheiten, die Schlangen sind deren Attribute. Gleichzeitig repräsentieren die Balken wegen der (abgebrochenen) Tierschädel auch Bukranien und damit Aspekte einer Stiergottheit und deren Fruchtbarkeitsriten. Neuere Interpretationen stellen den Realismus des Modells in Frage. Eine schlüssige Erklärung wäre eine fremde Herkunft.

Im Zentrum des Interesses befinden sich die - größer dargestellten (dunkelgrünen) - beiden Personen (bei 10.30 Uhr) und die rechts der Bukranienwand (bei 13 Uhr) separierte Sitzfigur. Die drei etwas abseits (bei 2 Uhr) platziert Sitzenden komplettieren ein sechsköpfiges Pantheon. Diese Zahl entspricht den in Gruppen zu sechs aufteilbaren 12 Titanen und den sechs Kroniden der Theogonie des Hesiod, die vermutlich um 700 v. Chr. entstand. Hesiod gilt als der Autor der „Zeusbibel“, dessen Glaube sich nach schweren Kämpfen, vermutlich in den „dunklen Jahrhunderten“, jedenfalls noch vor dem Jahre 800 v. Chr. (ggf. auch nur lokal) durchsetzt.

Die Gruppe der ebenfalls sechs (im Kreis stehenden - hellgrünen) Personen stellt keine aktuellen Götter dar, könnte aber die (in der Tradition dieser Religion liegenden) „Altgötter“ meinen. Die vor der Bukranienwand sitzende Figur, (im Bild unten) erkennbar an der Kopfbedeckung, muss entweder der Herrscher oder der Oberpriester sein. Im letzteren Fall fiele dem Herrscher – nicht etwa einem beliebigen Gläubigen – die Position des vor der Bukranienwand Knienden zu.

Unklar bleibt die Funktion der Personen (bei 9 Uhr) nur, wenn man von einer helladischen Position ausgeht. Begreift man die Schale aber als eine anatolisch-orientalische Schöpfung so ergibt sich: Der Mann ist El, die Frau ist Aschera und das Kleinkind auf ihrem Arm ist Baal. Sie stellen die "Bethlehem-Version" des levantinischen Kultes, die die Geburt Baals dar, die auch als zentrale Feier dieses Kultes und als das Ergebnis der Hierogamie gilt. Auf die Levante bzw. Anatolien als Ursprungsgegend verweist die Tatsache, daß es sich nicht um ein mediterranes Pantheon handelt, dass stets aus drei Männern und drei Frauen besteht.

Der Zuschauer (bei 5 Uhr) repräsentiert den ausgesperrten Gläubigen oder den interessierten Fremden, den der Wächter (bei 6 Uhr) am Betreten des Kultplatzes hindert. Alles spricht also für eine von orientalischen Emigranten eingeführte Darstellung, die auch die runde Form der Schale erklärt, die der zyprischen Kultplatzform in der beginnenden Bronzezeit nicht entspricht. Zu dieser Zeit kam jedoch eindeutig anatolische Bronzetechnik auf die Insel, die vermutlich Migranten mitbrachten, die auch ihren anderen Glauben pflegten.

Literatur

  • J.E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Beier & Beran, Langenweissbach 2003. ISBN 3-930036-70-3
  • J.E. Walkowitz: Quantensprünge der Archäologie In: Varia neolithica IV, 2006. ISBN 3-937517-43-X

Zypern

Index

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