ART

1) Hamilkar, Sohn des Mago (Iust. XIX 1), nach Herod. VII 165 wohl richtiger Sohn des Hanno, der seinerseits ein Sohn des großen Staatsmannes und Feldherrn Mago gewesen sein mag (so Schaefer Rh. Mus. XV 1860, 398ff., dagegen Busolt Gr. Gesch. II² 788, 1), und einer Syrakusanerin (Herod. VII 166) König, d. h. Suffet der Karthager und Feldherr in dem großen Angriffskrieg, den sie 480 gegen die sizilischen Griechen begannen. Im Frühling des genannten Jahres, nach der Gewohnheit der Karthager ziemlich spät, also etwa Ende Mai, landete er mit einem bedeutenden Heer, das aus Karthagern und ihren afrikanischen Untertanen, außerdem aus iberischen, ligurischen, italischen, sardinischen und korsischen Söldnern bestand (Herod. VII 165), in Panormos an der Nordküste (Diod. XI 20, 2). Die von Herodot und Diodor gegebenen Zahlen beruhen natürlich auf Übertreibung; in Wirklichkeit wird das karthagische Heer kaum größer als Gelons Entsatzheer gewesen sein, das Diod. XI 21, 9 auf 50 000 Mann zu Fuß und 5000 Reiter angibt. Nach kurzer Rast in Panormos brach H. gegen Himera auf, dessen durch Theron von Akragas vertriebener Tyrann Terillos in Karthago Aufnahme gefunden hatte. Durch ein glückliches [2298] Gefecht (Diod. XI 20, 5) warf er die Besatzung in die Stadt zurück, deren Verteidigung Theron persönlich leitete, und schloß nun Himera von der Seeseite im Norden und von der Landseite im Westen her ein (vgl. die Karte bei Freeman History of Sic. II 186). Auf den Hilferuf Therons rückte Gelon mit dem Hauptheer heran und schlug östlich von Himera sein Lager auf; in der sich entspinnenden Entscheidungsschlacht unter den Mauern der Stadt kam H. um, und das karthagische Heer wurde nahezu vernichtet (wohl Juni 480 v. Chr.).

Über den Verlauf der Schlacht sind zwei Berichte vorhanden, ein sehr summarischer bei Herod. VII 166, der auf karthagischer Quelle beruht und erzählt, während des Kampfes, der den ganzen Tag dauerte, habe H. im Lager den Göttern Opfer dargebracht; als dann gegen Abend der Sieg sich auf die Seite der Griechen geneigt habe, da habe sich der Feldherr in die Flammen gestürzt und sei so spurlos zugrunde gegangen. Der zweite bei Diod. XI 21f. erhaltene, mit dem auch Polyaen. I 28, Frontin. I 118 in Zusammenhang zu bringen sind, geht nach Freeman Hist. of Sic. II 518ff. Busolt Gr. Gesch. II² 793. Meyer Gesch. d. Altert. III 397 auf Timaios zurück; darnach leitete Gelon die Schlacht mit einem Überfall des Lagers durch seine Reiterei ein, die von den Karthagern irrtümlich für ein selinuntisches Hilfskorps gehalten ward; gleich im Anfang des in der Morgenfrühe sich entspinnenden Kampfes (Diod. XI 22, 1) ward H. getötet. Vielleicht ist dies die syrakusische Version, die Herodot kannte, und der er die karthagische vorzog. Einen dritten Bericht gab Aischylos im Glaukos Pontios (Schol. Eurip. Phoen. 1194. Schol. Aristoph. Ran. 1403), und aus ihm sind vielleicht zwei Zeilen erhalten, die von einer Wagen- und Reiterschlacht sprechen: wenn sie sich wirklich auf den Kampf bei Himera beziehen, so würden sie dem Bericht Diodors widersprechen, nach dem Wagen und Reiter der Karthager in einem Seesturm zugrunde gingen (Diod. XI 20, 2). Mit Polyaen, I 27, einer Verkleidungsgeschichte im Stil des Duris, ist überhaupt nichts anzufangen. Da die beiden einzigen uns erhaltenen Berichte sich in dem wichtigsten Punkt dem Tode H.s, direkt widersprechen, so ist über den Verlauf der Schlacht nichts zu ermitteln (so Ed. Meyer, während Busolt Rh. Mus. XL 1885 150ff. manches aus dem Diodoreischen Bericht für historisch hält). Auf die innere Wahrscheinlichkeit des karthagischen Berichts hat Freeman a. a. O. mit Recht hingewiesen. Die eigentümliche Bemerkung Herodots (VII 166), wonach H. in allen phönizischen Pflanzstädten, vornehmlich in Karthago selbst, einen Opferdienst um eine Säule habe, ist wohl schon richtig von Movers (Phönizier I 612) gedeutet, der hier ein Verwechslung von H. = Abd Melqart mit dem Gotte Melqart selber vermutete. So auch Melzer Gesch. d. Karth. I 512 und Busolt Gr. Gesch. II² 794, 4, während Ed. Meyer Gesch. d. Alt. III 490 sie stillschweigend verwirft. H.s Söhne waren nach Iustin. XIX 2, 1 Himilkon, Hanno und Geskon.

Chronologie der Ereignisse. Für die Datierung der Ereignisse kommt vor allem die zuerst von Ephoros (Diod. XI 1, 4) ausgesprochene [2299] Vermutung in Betracht, daß die Karthager im Einverständnis mit Xerxes und gleichzeitig mit ihm, richtiger vielleicht auf seinen Befehl (Schol. Pind. Pyth. 1146) ihren Kriegszug unternommen hätten; bei Diod. XI 20, 1, wo Ähnliches berichtet wird, liegt nach Ed. Meyer Gesch. d. Alt. III 397 Timaios zugrunde, der also wohl aus Ephoros schöpfte. Ephoros Ansicht wird von den meisten Neueren geteilt (so Meltzer Gesch. d. Karth. I 209–214. Holm Gesch. Siciliens I 197f. Freeman Hist. of Sic. II 510ff. Busolt Gr. Gesch. II² 788f. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. III 397), während Beloch Gr. Gesch. I 390, 2 und Niese s. o. Bd. VII S. 1009f. das persische Bündnis für eine Konstruktion des Ephoros erklären und den Krieg durch die Lage Siziliens für hinreichend begründet halten. Jedenfalls war Ephoros Vermutung nur möglich, wenn man im Altertum von der Gleichzeitigkeit der Ereignisse im Westen und Osten überzeugt war. Tatsächlich sagt denn auch schon Herod. VII 166, Salamis und Himera seien an einem Tage geschlagen, offenbar die im Volke verbreitete Ansicht; Diod. XI 24, 1 setzt nach Timaios aus sehr durchsichtigen rhetorischen Gründen den Sieg von Himera gleichzeitig mit der Niederlage bei den Thermopylen an; Aristot. poet. 26 begnügt sich mit der einfachen Feststellung, Salamis und Himera seien κατὰ τοὺς αὐτοὺς χρόνους geschlagen. Wahrscheinlich fällt indes die Schlacht bei Himera etwas früher (so Busolt Gr. Gesch. II² 791 A.), da nach dem zusammenhängenden Bericht bei Diodor die Ereignisse sich ziemlich Schlag auf Schlag entwickelt haben. Unmöglich dagegen ist die Datierung auf 481, die nach Niebuhr Vorlesungen über alte Gesch. II 120 zuletzt Holm Gesch. Siz. I 209 in eigentümlichem Gegensatz zu seiner I 197 geäußerten Ansicht vom Zusammenwirken der Perser und Karthager versucht hat. Sie beruht auf einer Stelle in Gelons Antwort an die griechischen Gesandten bei Herod. VII 158, wo dieser sich auf einen früheren Karthagerkrieg bezieht, bei dem ihm die Ostgriechen trotz seines Aufrufes auch nicht geholfen hätten. Dieser aber kann mit H.s Zug nicht identisch sein, da er ausdrücklich als ein Rachekrieg für Dorieus bezeichnet wird, also ein Angriffskrieg Gelons sein müßte, während bei Himera 480 die Karthager zweifellos die Angreifer waren. Entweder ist also jener erste Krieg wie die ganze Unterhaltung Gelons mit dem Gesandten eine Erfindung zur höheren Ehre der sikeliotischen Griechen, durch die Herodot getäuscht worden ist (so Meltzer Gesch. d. Karth. I 493ff. Freeman Hist. Sic. II 515, der mit Recht auf die abweichende Darstellung bei Polyb. XII 26 b = Ephoros hinweist, Busolt Gr. Gesch. II² 790, 1 und Ed. Meyer Gesch. d. Alt. III 356), oder es sind, wie Niese (s. o. Bd. VII S. 1008) vermutet, frühere Kämpfe Gelons mit den Karthagern gemeint, aus der Zeit, da er noch Tyrann von Gela war.
[Lenschau.]

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